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den Kamp! wieder aufzunehmen, hatten nur zur Folge, daß die
Entente neue Versuche machte, die Ostfront gegen Deutschland,
wenn es sein mußte, auf unsere Kosten, wiederhcrzustellen.
Bei unseren Unterhaltungen öffnete Wladimir Iljitsch mir die
Augen über die ungeheure Bedeutung Frankreichs für die kon
tinentale Kriegspolitik. Ich erinnere mich besonders lebhaft an
das Interesse, das Wladimir Iljitsch dem Besuche des Marquis
Lubersaque (dessen Verwandter im Jahre 1922 das bekannte
Abkommen mit Stinnes getroffen hat] entgegenbrachte. Dieser
junge französische Offizier äußerste seine Begeisterung über die
von ihm gesehenen ersten Anfänge einer neuen russischen
Volksarmee, d. h., der Roten Armee, Gleichzeitig damit ver
folgte Wladimir Iljitsch auf die aufmerksamste Weise unsere
Versuche, uns mit England durch den speziell zu diesem Zweck
nach Rußland gesandten Lokhard zu verständigen. Eine Zeit
lang schien eine solche Verständigung möglich, bis die Meuterei
der Tschechoslowaken die englische Politik zu einer aktiven
Intervention drängte. In einer Unterhaltung mit mir sagte
Wladimir Iljitsch voraus, daß England sich bemühen werde, sich
mit den anderen Staaten der Reihe nach gegen uns zu ver
ständigen. Ich antwortete, daß England versuchen würde, auch
mit uns eine Verständigung herzuslellen, „Mit uns — zu aller
letzt, nach den anderen“, antwortete Wladimir Iljitsch,
Sobald die Entente anfing, uns offen anzugreifen und ihren
Angriff mit konspirativer Arbeit und mit Versuchen verband, in
unserem eigenen Lande Aufstände herbeizuführen, hielt es
Wladimir Iljitsch für notwendig, mit einer Reihe von energischen
Schlägen darauf zu antworten. In solchen Augenblicken brauchte
man keine Elastizität, sondern eine sofortige Anwendung von
Gewalt. Aber auch in solchen Augenblicken der Massenverhaf
tungen usw. wandte Wladimir Iljitsch dort, wo es nötig war,
eine elastische Behandlung der Fragen an, um unnütze Kompli
kationen zu verhindern. Die in Wologda sitzenden Entente
botschafter überzeugten wir von der Notwendigkeit, das Land zu
verlassen, indem wir ihnen zunächst vorschlugen, nach Moskau
überzusiedeln, was sie aber entschieden ablehnten. Das Ergeb
nis davon war, daß ihre Abreise aus Rußland auf die korrekteste
Weise zustande kam, was uns den weiteren Verkehr mit ihren