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Aber wenn Lenin nicht tot ist und nicht sterben kann,
warum dann diese Trauer, warum dieser Gram? Warum warten
Hunderttausende von Arbeitern in eisiger Kälte stundenlang auf
den Straßen und Plätzen Moskaus — nur um einen Augenblick
vor dem Roten Sarge im Säulensaal verbringen zu können und
sich schweigend, mit gepreßtem Herzen von dem geliebten
Führer zu verabschieden? . , .
Es ist Iljitsch, von dem sie Abschied nehmen. Ja, Iljitsch
hat uns verlassen. Der lebendige Mensch, der Vertraute, der
teure und geliebte Iljitsch.
Lenin und Iljitsch, Der große Führer, Eine historische
Riesengestalt. Und gleichzeitig damit —• die bezaubernde
wundervolle Persönlichkeit,
Dieses Zusammentreffen brauchte nicht zu sein. Es hätte
ein Führer, Denker und Kämpfer sein können, ohne jene persön
lichen seelischen Qualitäten, wie sie Iljitsch hatte. Der Führer
konnte große Gedanken in die Massen werfen, ausgezeichnete
Befehle und Gesetze geben, aber seine Persönlichkeit fremd,
unbegreiflich, isoliert bleiben. Rein persönlich hätte er sogar
ein Mensch mit vielen menschlichen Schwächen und Mängeln
sein können. Man könnte sich denken, daß er geachtet und
verehrt, aber nicht geliebt wurde. Er konnte viele persönliche
Feinde haben, die durch seine ungerechten Handlungen sich
gekränkt fühlen würden.
Aber zuguterletzt würde alles Persönliche vor dem Richter
stuhl der Geschichte in dem Lichte seiner politischen und
Sozialen Verdienste verschwinden. Und hinter dem Sarge eines
solchen Führers würden wahrscheinlich auch große Menschen
massen einherschreiten, aber . . . nicht mit diesen Gefühlen,
Und das ist der Grund, weshalb in dem Säulensaa! das
Schluchzen nicht aufhört, die Tränen auf den Gesichtern nicht
trocknen.
Der allgemeine Schmerz dringt darum in alle Herzen, weil
wir Iljitsch verloren haben.
Iljitsch, diesen unendlich vertrauten, nahen, zärtlich ge
liebten Menschen. Was war er uns allen? Vater? Bruder?
Geliebter? Der einzige Sohn? Oder sind alle diese Familien
begriffe veraltet und zu gering für den Ausdruck jener neuen,