Ziele der Bevölkerungsstatistik 353
deutung der Aufstellung einer gemeinsamen Grundlage für internatio-
nale Vergleichungen der gewonnenen Resultate zukommt, die mit jedem
Jahre dringlicher wird. Nur auf einer sehr breiten Grundlage können
die dazu erforderlichen Normen für alle Arten von Massenerscheinungen
gewonnen werden, Normen, welche die charakteristischen Züge jener
großen Einheit darstellen, die in der Vereinigung aller Nationen, zu-
mindest aller zivilisierten, besteht. Nur die verhältnismäßig schwachen
säkulären Änderungen dieser Normen ermöglichen es, die Entwicklungs-
richtung der Menschheit in großen Zügen zu erkennen; ist dies einmal
erreicht, dann erst lassen sich die raschen und ausgeprägten Variationen
bei den einzelnen Bevölkerungen ihrer wirklichen Bedeutung und ihrer
Tendenz nach erforschen.
Die Grenzen der Ausbreitungsmöglichkeit des Menschengeschlechts
sind viel näher gerückt, als man gemeinhin glaubt; die Schwierigkeiten
der Nahrungsversorgung werden bald zu einer sehr ernsten Angelegen-
heit werden; die Gefahr der Erschöpfung der natürlichen Energiequellen,
wenn noch ein erhebliches Anwachsen der Bevölkerungen oder eine
weitere Hebung der Lebensführung (im materiellen Sinne) oder beides
eintreten sollte, läßt sich nicht mehr in Abrede stellen. Nach gewissen
Perioden, die im Vergleich zu den geologischen Zeitaltern verschwindend
klein sind, muß die: vervielfältigende Kraft der Lebewesen, den Men-
schen mit inbegriffen, eine gewaltsame Hemmung erfahren. Die gegen-
wärtige Wachstumsrate der Erdbevölkerung kann auch nicht durch vier
Jahrhunderte?) weiterbestehen und die Lebenshaltung, wie sie sich
binnen wenigen der letzten Jahrzehnte in so außerordentlicher und be-
klemmender Weise ausgebildet hat, müßte sehr bald einer viel beschei-
deneren Platz machen, wenn sie nicht zu einer zerstörenden Kraft der
Menschheit werden soll. Sehr bald wird die Weltpolitik der Schicksals-
frage gegenüberstehen, ob es besser ist, daß viele ein bescheidenes Da-
sein führen oder wenige sich einem ausschweifenden Leben hingeben
dürfen; ob das Ziel der Weltmoral darin bestehen soll, einer großen
Vielheit den Lebensgenuß in einer vernünftigen Form zu verschaffen
oder ihn einer Minderheit ‚zu gewähren, die dann in einem gewissen
Kriege zum Opfer gefallen ist, dessen Wiederaufrichtung aber doch nur eine
Frage der Zeit sein kann,
1) Veranschlagt man. die gegenwärtige Bevölkerung der Erde mit 1,7 Mil-
liarden und die jährliche Wachstumsrate mit 0,01159, dann würde bei ihrem
ungeschwächten dauernden Anhalten die Verdoppelung schon in rund 60 Jahren
eintreten und nach Ablauf von 100 Jahren wäre die Bevölkerung 8,16mal so
groß; nach 200 Jahren wäre sie verzehnfacht und in 400 Jahren verhundertfacht.
Zu Ende .der folgenden Jahrhunderte besäße die Erde in abgerundeten Zahlen
folgende Bevölkerungen:
nach 100 Jahren 5,38 Milliarden,
200 17,04 ”
8300 53,98 »
„400 % 170,71 z
Ogzuber, Mathematische Bevölkernngsthenrie
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