4. Die Römerzeit in Deutschland
Unter allen neueren Ausgrabungen auf deutschem Boden hil-
det die des römisch-nordischen Götterbezirks im Altbachtal
bei Trier die größte Überraschung. Dies Nationalheiligtum der
Treverer, von dem bereits über 50 Tempel und Kapellen nebst
zahlreichen Kult- und Votivbildern zum Teil unbekannter nor-
discher Gottheiten entdeckt worden sind, steht als Denkmal
unserer heimischen Frühgeschichte einzig da. Unter ihm ist eine
bis in die Hallstadtzeit (um 1000 v. Chr.) zurückreichende Sied-
lung gefunden worden, Die römische Stadtgründung des Kaisers
Augustus, Colonia Augusta Treverorum, stand also auf ur-
altem Kulturboden. Als Hauptort der Provinz Gallia Belgica
und als Hauptetappenort der römischen Rheinfront ist Trier
dann rasch zur Blüte gelangt. Es besaß eine bedeutende Tuch-
industrie, Töpferei und Bierbrauerei; der von den Römern ein-
geführte Weinbau und die ergiebige Pferde- und Viehzucht des
Landes machten Trier zum Ausfuhrzentrum für Wein, Wolle,
Leder und Pökelfleisch. Seit der Reichsteilung unter Diokletian
(286 n. Chr.) stieg es sogar zur Kaiserresidenz auf, von der aus
Gallien, Britannien und Spanien beherrscht wurden, und so
schmückte es sich mit römischen Prachtbauten wie keine andere
nordische Stadt. Daher konnte der letzte römische Dichter
Ausonius Trier in seiner „Mosella‘““ als Weltstadt preisen, die nur
von Rom, Alexandria, Karthago, Konstantinopel und Antiochia
an Größe und Pracht übertroffen ward.
Von jenen Prachtbauten sind die stolze Porta Nigra, das
Haupttor der spätrömischen Stadtbefestigung, von Napoleon I.
wiederhergestellt, die Konstantinsbasilika, von Friedrich Wil-
helm IV. erneuert und als protestantische Kirche geweiht, und
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