Wie er haben alle Bauten des Zweistromlandes, die auf den
Ziegelbau angewiesen waren, etwas Massiges und Festungs-
artiges. Die Bauformen, die sich aus denen der Urzeit, der
Schilfhütte und dem Lehmwall mit eingezogenen Palmen-
stämmen, entwickelt haben, sind für die ganze Folgezeit maß-
gebend geblieben. Selbst die senkrechten Mauerrillen, die den
mesopotamischen Bauten durch den Wechsel von Licht und
Schatten ihr eigenartiges Gepräge geben, erklären sich aus
dieser uralten Bauweise !!). Gegen Witterungseinflüsse schützte
man die Außenwände, wie bereits erwähnt wurde, anfangs
durch Matten, dann durch gebrannte Tonplatten, schließlich
durch farbenprächtige Glasurziegel, in deren teppichartigen
Mustern noch der alte Mattenbelag durchschimmert; selbst
die uralten Tonnägel, mit denen man jene Matten oder Ton-
platten am Baukörper befestigte, leben noch in den rosetten-
artigen Randornamenten (z. B. beim Ischtartor) fort. Die
Innenwände wurden anfangs mit Stuck überzogen, der als Mal-
grund für bunten Freskenschmuck diente, während man die
Sockelteile mit glasierten Tonplatten bekleidete, die später die
ganzen Wände überzogen. Massigkeit und Farbenpracht waren
also die Kennzeichen dieser Kunst; sie sind es auch in den
späteren Kulturen des Zweistromlandes, der persischen, par-
thischen und islamischen, bis an die Schwelle der Neuzeit ge-
blieben.
Ein paar kulturgeschichtliche Abschweifungen seien hier ge-
stattet. Herodot berichtet u. a. von den „hängenden Gärten“
der Semiramis, die gleich dem Turm von Babel zu den sieben
Weltwundern zählten. Solche Gärten auf großen gewölbten
Unterbauten hat Koldewey in Babylon tatsächlich gefunden,
Freilich erst aus der Zeit Nebukadnezars II., aber Semiramis
selbst ist durch eine in Assur gefundene Stele aus einer
Sagengestalt zur geschichtlichen Persönlichkeit geworden.
Fünf Jahre lang hat die Königin Samuramat am Ende des
9. Jahrhunderts die Regentschaft in Assur geführt, vielleicht
25