Full text: Archäologische Entdeckungen im 20. Jahrhundert

Wie er haben alle Bauten des Zweistromlandes, die auf den 
Ziegelbau angewiesen waren, etwas Massiges und Festungs- 
artiges. Die Bauformen, die sich aus denen der Urzeit, der 
Schilfhütte und dem Lehmwall mit eingezogenen Palmen- 
stämmen, entwickelt haben, sind für die ganze Folgezeit maß- 
gebend geblieben. Selbst die senkrechten Mauerrillen, die den 
mesopotamischen Bauten durch den Wechsel von Licht und 
Schatten ihr eigenartiges Gepräge geben, erklären sich aus 
dieser uralten Bauweise !!). Gegen Witterungseinflüsse schützte 
man die Außenwände, wie bereits erwähnt wurde, anfangs 
durch Matten, dann durch gebrannte Tonplatten, schließlich 
durch farbenprächtige Glasurziegel, in deren teppichartigen 
Mustern noch der alte Mattenbelag durchschimmert; selbst 
die uralten Tonnägel, mit denen man jene Matten oder Ton- 
platten am Baukörper befestigte, leben noch in den rosetten- 
artigen Randornamenten (z. B. beim Ischtartor) fort. Die 
Innenwände wurden anfangs mit Stuck überzogen, der als Mal- 
grund für bunten Freskenschmuck diente, während man die 
Sockelteile mit glasierten Tonplatten bekleidete, die später die 
ganzen Wände überzogen. Massigkeit und Farbenpracht waren 
also die Kennzeichen dieser Kunst; sie sind es auch in den 
späteren Kulturen des Zweistromlandes, der persischen, par- 
thischen und islamischen, bis an die Schwelle der Neuzeit ge- 
blieben. 
Ein paar kulturgeschichtliche Abschweifungen seien hier ge- 
stattet. Herodot berichtet u. a. von den „hängenden Gärten“ 
der Semiramis, die gleich dem Turm von Babel zu den sieben 
Weltwundern zählten. Solche Gärten auf großen gewölbten 
Unterbauten hat Koldewey in Babylon tatsächlich gefunden, 
Freilich erst aus der Zeit Nebukadnezars II., aber Semiramis 
selbst ist durch eine in Assur gefundene Stele aus einer 
Sagengestalt zur geschichtlichen Persönlichkeit geworden. 
Fünf Jahre lang hat die Königin Samuramat am Ende des 
9. Jahrhunderts die Regentschaft in Assur geführt, vielleicht 
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