n.Chr. saß hier ein römischer Statthalter, zu dessen Hausstand
eine germanische Seherin, die Semnonin Walburg, gehörte, deren
Name auf einer Tonscherbe verewigt ist. Und sie war nicht die
einzige ihres Stammes in Ägypten: germanische Hilfstruppen
der Römer sind schon im 1. Jahrhundert bezeugt.
Dies Völkergemisch findet sich in Ägypten bereits im Neuen
Reich (s. Anm. 37, Abs. 2). Fremde Söldner und Kaufleute
waren nicht nur in Elefantine, sondern im ganzen Lande, und
durch ihre diplomatischen Ehen mit fremden Fürstentöchtern
gaben die Pharaonen selbst das Beispiel zur Rassenvermischung.
(Man betrachte die mannigfachen Rassentypen an den Gips-
masken Lebender und Verstorbener aus der Werkstatt des Hof-
bildhauers Thutmes in Amarna, jetzt im Amarnasaale des
Berliner Museums.) Dies Völkergemisch aber hat wesentlich zum
Untergang der ägyptischen Macht beigetragen, genau wie später
zu dem des Römischen Reiches. Schon um 940 rissen die libyschen
Söldner die Herrschaft an sich und behaupteten sie als erbliche
Krieger- und Herrenkaste, wie 2000 Jahre später die Mame-
Iluken. Seitdem ist Ägypten, von kurzen nationalen Erhebungen
abgesehen, von einer Fremdherrschaft in die andere geraten,
und dieser Zustand, der bis auf die Gegenwart fortdauert, hat
das Völkerchaos zunehmend vermehrt. Auf die Libyer folgten
die Äthiopen, die Assyrer und Perser und auf sie die griechischen
Ptolemäer, deren neue, von Alexander dem Großen begründete
Hauptstadt Alexandria zur Weltstadt und zu einem Brenn-
punkte hellenistischer Kultur ward, aber auch einen gewaltigen
Zustrom von Juden erhielt, durch den es zur größten Juden-
stadt des Altertums wurde. Griechische Sprache und Schrift
wurden nun vorherrschend, und griechische Kunstformen misch-
ten sich seltsam mit den einheimischen. Daran änderte sich auch
nichts, als Ägypten zur römischen Provinz wurde; nur das
Völkergemisch nahm noch zu. Die neuerdings von den Berliner
Museen erworbene Sammlung griechisch-römischer Mumien-
porträts (im Obergeschoß des Ägyptischen Museums) ist nicht
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