. Stürkeverhältnis und strategische Lage
38
jederzeit da einsetzen zu können, wo es nötig werden konnte,
sie also ständig mobil zu halten, waren ihr alle sonstigen Auf
gaben abgenommen und besonderen Schiffen (Schul-, Versuchs
und Spezialschiffen) übertragen. Dennoch war ein dauernder
hoher Bereitschaftszustand in der Gefechtsausbildung infolge
unseres Wehrsystems nicht zu erreichen, da alljährlich ein Teil
der Besatzung zur Reserve übertrat und durch Rekruten ersetzt
werden mußte, die dem Seedienst meist als völlige Neulinge
gegenüberstanden. Die verschiedensten Bemühungen, über den
im Herbst eintretenden Schwächezustand hinwegzukommen,
hatten noch zu keinem abschließenden Ergebnis geführt.
Daß der Ausbruch dieses Krieges in die Sommerzeit fiel,
war für unsere Verhältnisse daher besonders günstig. Die
Schul-, Versuchs- und Spezialschiffe dienten zur Ausbildung
des Offizier- und Unteroffiziernachwuchses (Kadetten- und
Schiffsjungenschulschiffe) und der Ausbildung von Spezialisten
für die Artillerie, die Torpedowafse, das Minenwesen, ferner zu
Küstenvermessungen, Fischereischutz u. a. m. In der Regel
wurden mit diesen Aufgaben ältere Schiffe betraut, die sich
für die erste Kampflinie nicht mehr eigneten. So fanden z. B.
als Schulschiffe die älteren Großen Kreuzer „Hertha", „Hansa",
„Freya", „Vineta" und „Viktoria Luise" Verwendung. Für
besondere Zwecke des Artillerie-, Torpedoausbildungs- und
Versuchsdienstes hatte es sich nicht vermeiden lassen, auch auf
moderne Schiffe zurückzugreifen, die das Flottenkommando
zwar nur ungern dafür entbehrte, weil sich die Ausbildung dieser
Schiffe für kriegsmäßige Aufgaben dadurch nur auf spärliche
Zeit im Jahr erstrecken konnte. Der geringe Stand an
Kreuzern bei der Hochseeflotte, denn die Auslandsbedürfnisse
mußten auch befriedigt werden, war allerdings beklagenswert.
Im Auslande befanden sich außer einigen stationären
älteren Kanonenbooten ein Kreuzergeschwnder in Ostasien und
zwei Kreuzer („Goeben" und „Breslau") im Mittelmeer. Das
Kreuzergeschwader unter dem Grafen Spee setzte sich zu-