Full text: Von Bismarck zum Weltkriege

Tod Eduards VII 
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Eduard VII (7. Mai 1910). Es war früher gelegentlich die Hoffnung auf 
getaucht, mit ihm werde ein Element der Unruhe aus der europäischen 
Politik verschwinden. Unzweifelhaft hatte er, namentlich in den letzten 
Jahren, überall Mißtrauen gegen Deutschland verbreitet, wohin er 
kam, hatte den Zaren zur Verstärkung seines Heeres ermahnt, dem 
König von Italien dringend seine prekäre Lage für den Fall eines 
deutsch-englischen Krieges vor Augen gestellt, hatte auch mehrfach 
versucht, den alten Kaiser Franz Josef von Deutschland abzuziehen, 
freilich ohne Erfolg. In Wahrheit hat sein Tod keinen erheblichen 
Einfluß auf den weiteren Gang der Dinge gehabt. Sein Sohn und 
Nachfolger, Georg V., erklärte sofort dem russischen Botschafter, er 
werde alles daran setzen, die Beziehungen zwischen beiden Ländern 
noch enger zu gestalten 55 ). Die alten Leiter der englischen Politik 
blieben im Amte; das Trio Grey-Asquith-Haldane blieb maßgebend 
für die auswärtige, Lloyd George vornehmlich für die innere Politik. 
Daß der Kaiser sofort zum Leichenbegängnis seines Oheims herbeieilte, 
wurde in England freundlich aufgenommen, und er selbst glaubte aus 
der Haltung der Bevölkerung zu entnehmen, daß er an Popularität ge 
wonnen habe. Wie immer, wenn er in London war, fühlte er sich tief 
beeinflußt von der Anziehungskraft dieses Landes, das er im Innern 
stets als eine Art zweite Heimat empfand, und von dem Wunsche beseelt, 
auch ein engeres politisches Verhältnis zu ihm herzustellen 56 ). Aber 
die Bedingungen waren nicht günstiger für ein solches Unternehmen 
geworden. 
Auch einige andere Personalveränderungen waren nicht ohne Be 
deutung. Im Juni 1910 schied Freiherr von Schön als deutscher Staats 
sekretär des Auswärtigen aus und ging als Botschafter nach Paris. 
Er war ein fleißiger und korrekter Beamter ohne ausgeprägte persön 
liche Eigenart und hatte weder unter Bülow noch unter Bethmann-Holl- 
weg einen entscheidenden Einfluß ausgeübt. Sein Nachfolger wurde 
Herr von Kiderlen-Wächter, früher Mitarbeiter Holsteins, zuletzt Ge 
sandter in Bukarest; er hafte den kränklichen Herrn v. Schön in den 
letzten Jahren schon mehrfach vertreten. Man führt den Marokkovertrag 
von 1909 wohl mit Unrecht auf ihn zurück. Jedenfalls rührt aber die 
Fassung der entscheidenden Anweisung nach Petersburg aus dem März 
1909 von ihm her. Er galt für einen der begabtesten unter den deutschen 
Diplomaten. Seine Amtsführung als Staatssekretär hat freilich keinen 
Beweis dafür erbracht. Rücksichtslose Brutalität, nach außen verdeckt 
durch den Anschein schwäbischer Gemütlichkeit, scheint den Grundzug 
seines Wesens gebildet zu haben. 
Bald darauf, Ende September, trat in Petersburg Herr Iswolski 
von der Leitung der auswärtigen Angelegenheiten zurück. Schon seit 
55 ) Siebert 781. I 
5G ) Telegramm des Kaisers an Betbmann aus London, 22. und 23. Mai., 
Metternich an Bethmann, 24. Mai.
	        
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