Full text: Von Bismarck zum Weltkriege

Gründe des Scheiterns 
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englischen Ministeriums im Innern zu stärken, und habe ihm die 
Suppe versalzen 35 ). Diese Ausführungen klingen bis ins einzelne an 
die von Tirpitz in seinen Erinnerungen gebrauchten Redewendungen an 
und zeigen damit deutlich die Quelle, aus der sie stammen. 
Sachlich zutreffend waren sie nicht, da der Kaiser ursprünglich unzwei 
felhaft an die Ehrlichkeit der Absichten Haldanes geglaubt hat. Von 
Tirpitz wurde der Kaiser auch in der Auffassung bestärkt, daß die 
Engländer ihm die Auswahl seiner Minister hätten vorschreiben wollen, 
und daß der Botschafter seine Pflicht verletzt habe, indem er diese 
Zumutung nicht scharf zurückgewiesen habe. Seit lange war der Admi 
ral bemüht, die Berichterstattung und Wirksamkeit Metternichs mit Hilfe 
entgegengesetzter Berichte des Marine-Attaches, die er direkt an den 
Kaiser leitete, zu diskreditieren. Jetzt wurde die Entfernung Metternichs 
beschlossen und bald darauf durchgeführt. 
Überblickt man den Verlauf der Dinge, so kann man kaum daran 
zweifeln, daß England greifbare Zugeständnisse in Kolonialfragen nur 
zu machen bereit gewesen wäre, wenn eine Verständigung über den 
Flottenbau erzielt worden wäre, die ihm Neuausgaben ersparte, d. h. 
also bei vollem Verzicht auf die Novelle. Haldane hat dies in Berlin 
zwar nicht ausdrücklich gesagt, aber doch deutlich durchblicken lassen; 
der Kaiser und der Reichskanzler haben es nicht verstanden, obwohl 
Graf Metternich ihnen von Anfang an den richtigen Kommentar zu dem 
englischen Vorgehen geliefert hatte. Ein Neutralitätsabkommen gemäß 
der unbestimmteren Formulierung Greys wäre wohl auch' ohne einen 
Verzicht auf die Novelle möglich gewesen. Es wurde jedoch von 
unserer Seite kein Wert darauf gelegt, weil es nicht genügende Sicher 
heiten bieten könne. Hätten aber die von Bethmann vorgeschlagenen 
Formulierungen diese Sicherheit in höherem Grade geboten? Die Frage, 
ob ein Krieg uns aufgezwungen worden sei, oder ob wir unprovoziert 
in ihn verwickelt worden seien, war so kompliziert, daß eine völlig 
eindeutige Beantwortung von seiten aller Beteiligten beim Eintritt eines 
Konfliktes nicht zu erwarten war. Es blieb also England stets voll 
ständig unbenommen, das Vorhandensein dieser Voraussetzungen zu 
bestreiten und damit seiner Neutralitätsverpflichtung zu entgehen. Wohl 
aber läßt sich die Frage aufwerfen, ob nicht der Abschluß und die Ver 
öffentlichung eines Abkommens auch in noch so dehnbarer Form eine 
große Wirkung auf die öffentliche Meinung beider Völker geübt und 
zur Anknüpfung eines engeren Verhältnis beigetragen haben würde. 
Auch die Beschränkung auf den Ausgleich einzelner Interessengegen 
sätze, die Bethmann nachträglich als richtigen Weg anerkannt hat, wäre 
in Frage gekommen. Wenn man sieht, mit welcher Ängstlichkeit und 
Sorge die Vertreter Rußlands und Frankreichs in London diese Ver 
handlungen verfolgten, so wird man doch annehmen müssen, daß ihnen 36 
36 ) Bemerkung des Kaisers zum englischen Memorandum vom 31. März.
	        
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