Marschall in London
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liehe Politik Deutschlands eifrig gefördert, die Vollendung der Bagcfad-
bah'n zu einer seiner Hauptaufgaben gemacht und war lebhaft für eine
aktivere deutsche Orientpolitik eingetreten, die England und Rußland
keineswegs angenehm war. Der ganze verhängnisvolle Gedanke eines
stillen Bundes zwischen Deutschland und der islamischen Welt, der
auch in die Behandlung der Marokkofrage unheilvoll hineingewirkt
hatte, ging auf ihn zurück. Was man sich davon versprach', diesen Mann
in diesem Augenblick nach London zu schicken, läßt sich schwer sagen.
Vermutlich glaubte man durch die Berichte eines Diplomaten, der
jedenfalls nicht als ein besonderer Freund Englands gelten konnte, zu
verlässiger als durch Metternich darüber aufgeklärt zu werden, ob
Annäherungsversuche in Zukunft überhaupt noch einen Sinn haben könn
ten. Herr v. Marschall kam indessen nicht mehr dazu, seine Fähig
keiten auf diesem neuen Schauplatz zu bewähren. Er starb bereits im
August 1912 und wurde durch den Fürsten Lichnowsky ersetzt, den
man in der ausgesprochenen Absicht wählte, möglichst gute Bezie
hungen zum englischen Hofe und zur englischen Aristokratie anzu
knüpfen. Denn damals war bereits der erste Balkankrieg ausgebrochen,
und ein Zusammenarbeiten mit England war dringend geboten, wenn
man verhindern wollte, daß ein Weltkrieg daraus entstehe.