Full text: Von Bismarck zum Weltkriege

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16. Die Balkankriege 
Den Bemühungen Rußlands gelang es nach langen vergeblichen 
Versuchen, den von ihm längst erstrebten Bund der Balkanstaaten unter 
seinem Protektorat zustandezubringen. 
Am 13. März 1912 schlossen Serbien und Bulgarien ein geheimes 
Bündnis zu gegenseitiger Verteidigung gegen jeden Angriff und zur 
Verhinderung jeder auch nur zeitweiligen Besetzung türkischen Ge 
bietes durch eine Großmacht. In einem Nebenvertrage wurde festgesetzt, 
daß Rußland sofort zu benachrichtigen sei, falls beide Staaten zu der 
Überzeugung gelangten, daß ein kriegerisches Vorgehen nötig sei. Seien 
sie verschiedener Ansicht darüber, so sollte der Zar entscheiden. Gehe 
ein Staat allein vor, so sollte der andere neutral bleiben, sich aber zur 
Hilfe bereit halten, falls eine dritte Macht eingreife. Alle etwa gemein 
sam eroberten Gebiete sollten gemeinsam verwaltet und erst nach dem 
Friedensschluß verteilt werden. Nur eine ungefähre Grenzlinie wurde 
vereinbart, die endgültige Entscheidung jeder Meinungsverschiedenheit 
über die endgültige Abgrenzung wurde wiederum dem Zaren Vorbe 
halten, der außerdem um Genehmigung des ganzen Vertrages gebeten 
werden sollte. Diese erfolgte; schon am 30. März teilte die russische 
Regierung an England und Frankreich den wesentlichen Inhalt dieser 
Abmachungen mit. Im August wurden sie durch eine Militärkonvention 
ergänzt 1 ). 
Die Angliederung Griechenlands an den Balkanbund erfolgte erst 
am 29. Mai durch den Abschluß eines Vertrages mit Bulgarien zur 
beiderseitigen Verteidigung und zur Unterstützung ihrer unter türkischer 
Herrschaft stehenden Volksgenossen. Auch er wurde durch' eine Mili 
tärkonvention ergänzt. Darüber, daß nach wie vor unter den nunmehr 
verbündeten Staaten starkes Mißtrauen herrsche, täuschte man sich in 
Petersburg nicht. 
Als Nikita von Montenegro schon zu Anfang 1912 gegen die 
Türken losbrechen wollte, wurde er zum Zaren zitiert und erhielt den 
kategorischen Befehl, sich ruhig zu verhalten. Als aber im April in 
x ) S. die Texte Boghitsche witsch 129 f. Ferner S i e b e r t 520 f.
	        
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