Full text: Von Bismarck zum Weltkriege

Konferenzpläne; Baltischport 
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durchaus für den Frieden war, sehr energisch gegen Rußland Partei 
nehmen würde, wenn es den Anlaß zur Friedensstörung gebe, und daß 
es dann nicht möglich sein würde, im Parlament den Beschluß einer 
aktiven Flilfsleistung durchzubringen, zu der ja keinerlei vertragsmäßige 
Verpflichtung bestand. Wie lebhaft Grey einen allgemeinen Zusammen 
stoß zu vermeiden wünschte, geht schon daraus hervor, daß er dem 
fortwährenden Drängen Rußlands auf eine Vermittlung der Entente 
zwischen Italien und der Türkei stets den Wunsch entgegensetzte, es 
möchten auch Deutschland und Österreich an diesen Verhandlungen 
beteiligt werden. Auch später suchte er immer ein gemeinsames Vor 
gehen der fünf Mächte herbeizuführen und sagte, es müsse unter allen 
Umständen vermieden werden, daß sich in diesen gefährlichen Fragen 
Dreibund und Entente als zwei geschlossene Einheiten gegenüberträten, 
weil dadurch die Gefahr eines kriegerischen Zusammenstoßes außer 
ordentlich gesteigert werde. Poincare regte unter diesen Umständen 
schon im Juni eine Konferenz der Großmächte an, auf der außer der 
tripolitanischen auch die Meerengenfrage besprochen werden sollte. 
Nach seiner Ansicht sollten die Regierungen der Entente vorher er 
klären, daß sie selbst einen territorialen Erwerb auf der Balkanhalb 
insel nicht anstrebten und die gleiche Erklärung auch von den übrigen 
Großmächten verlangen. Hierzu wollte sich jedoch Sassonow nicht 
verstehen, weil das so aufgefaßt werden könnte, als ob Rußland in 
Zukunft auf seine Jahrhunderte alte Politik auf dem Balkan verzichte 3 ®). 
Die Formel wurde dann derartig verwässert, daß sie gar nichts mehr 
[besagte, und der ganze Gedanke scheiterte vorläufig daran, daß Italien 
und die Türkei von einer Erledigung ihres Streites durch eine Kon 
ferenz nichts wissen wollten. 
Auch in Berlin erkannte man natürlich die Gefahren die hinter 
den Balkanfragen lauerten. Man beschloß, zunächst mit Rußland Füh 
lung zu suchen. Am 4. und 5. Juli kamen der Kaiser und der Zar, be 
gleitet von ihren leitenden Staatsmännern in Baltischport zusammen 4 ). 
Die Begegnung verlief äußerlich herzlicher als alle früheren. Der Reichs 
kanzler begab sich von da nach Petersburg, wo er sich drei Tage auf 
hielt und mit Sassonow, Kokowzew und den übrigen Ministern dia 
schwebenden Fragen durchsprach. Sassonow erklärte hier ausdrück 
lich, man wolle die augenblicklichen Schwierigkeiten der Türkei nicht 
ausnutzen; Rußlands Mission gegenüber den christlichen Balkanstaaten 
sei abgeschlossen. Wenn Rußland und Deutschland gut miteinander 
ständen, könne nichts in der Welt passieren. Er halte es für gut, wenn 
die Monarchen regelmäßig etwa alle zwei Jahre zusammenkämen, davon 
würde die ganze Welt profitieren. Bethmann versicherte ihm hingegen, 
3a ) Tel. Sassonows an Iswolski 18. Juni. Livre Noir 1, 273. 
4 ) Aufzeichnung Bethmanns, 4. und 5. Juli. Bethmann an das Auswärtige 
Amt, 9. Juli. Pourtales, 19. Juli.
	        
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