Full text: Von Bismarck zum Weltkriege

Poincare drängt zum Kriege 
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November gefaßt hat. Schon am 13. November warnte man von 
russischer und französischer Seite Serbien vor hartnäckigem Festhalten 
an seiner Forderung und vertröstete es auf spätere Konflikte unter den 
Großmächten, die ihm die Erfüllung seiner Wünsche bringen würden. 
Man wollte in Petersburg nur noch für möglichste Beschneidung des 
albanischen Staates eintreten. Der russische Generalstabschef erklärte 
dem französischen Botschafter, er glaube an den rein defensiven Cha 
rakter der österreichischen Rüstungen; aber selbst im Falle eines öster 
reichischen Überfalls auf Serbien werde Rußland nicht Krieg führen. 
Der Grund dafür lag in der Haltung Englands. Während Poincare die 
Russen jetzt seines aktiven Beistandes versicherte, nicht nur, wenn 
Deutschland am Kampfe teilnehme, sondern schon für den Fall, daß 
Österreich irgendwelche territorialen Vergrößerungen verlange 31 ), mahnte 
Grey beständig zur Zurückhaltung. Er erkannte Österreichs Mäßigung 
und die Berechtigung seiner wirtschaftlichen Wünsche an. Er ließ 
keinen Zweifel darüber, daß die öffentliche Meinung Englands nur 
schwer für die Teilnahme an einem Kriege aus Anlaß von Balkanfragen 
zu gewinnen sein würde, und sicherlich nur dann, wenn Österreich deut 
lich als der angreifende Teil erscheine, und wenn Frankreich in den Krieg 
hineingezogen werde. Die erste Bedingung sah man in London nicht, 
als erfüllt an. 
Dieser Entschluß Rußlands erregte bei Poincare, wie Iswolski mel 
dete, „die größte Bestürzung“. Er wies darauf hin, daß die militärischen 
Vorbereitungen Österreichs sehr weit gediehen seien; jeden Augenblick 
könne es losschlagen. Man habe in Paris als sicher angenommen, dann 
werde Rußland eingreifen, Deutschland werde automatisch in den Kampf 
hineingezogen werden, und dann werde auch für Frankreich der Bünd 
nisfall gegeben sein. Man habe diese Möglichkeit „mit Bewußtsein 
und kaltem Blut“ ins Auge gefaßt und alles zum sofortigen Losschlagen 
vorbereitet. Und nun sehe man sich’ plötzlich einem Zögern Rußlands 
gegenüber! Man verkenne in Petersburg die gefährlichen Absichten 
Österreichs oder müsse irgendwelche verborgenen Gründe für seine 
unbegreifliche Haltung haben. Deutlicher konnte Poincare nicht sagen, 
daß er trotz aller friedlichen Redensarten schon damals den Krieg herbei 
zuführen wünschte. Er beruhigte sich erst, als Iswolski ihm versicherte, 
man wolle nur den Anschein vermeiden, als rufe man um serbischer 
Forderungen willen einen Weltkrieg hervor. Komme es dazu, so müsse 
als Grund offen das Bestreben Österreichs und Deutschlands hervor 
treten, „ihre Hegemonie auf dem Balkan und folglich auch in ganz 
Europa aufzurichten“. Nur dann werde England mitgehen 32 ). Mit 
vollem Recht konnte also der russische Botschafter Graf Bencken- 
31 ) Berichte Iswolskis, 4. November und 18. Dezember. Livre Noir 343 f. 
und 368 f. 
8S ) S. den zitierten Bericht Iswolskis vom 18. Dezember.
	        
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