Full text: Von Bismarck zum Weltkriege

Deutsche Friedenspolitik 
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weil es in den Balkanfragen die näher interessierte Macht sei. Schon im 
Februar 1913 schrieb Generalstabschef v. Moltke dem Staatssekretär: 
„Für uns ist es fraglos äußerst unbequem, durch unsere Verträge und 
durch die Notwendigkeit, Österreich zu erhalten, in eine gewisse Ab 
hängigkeit von Wien gekommen zu sein. Eine Hauptaufgabe Eurer 
Exzellenz dürfte sein, nach Möglichkeit österreichische Torheiten zu ver 
hüten, keine angenehme und leichte Aufgabe 54 ).“ Er sowohl wie der 
Kaiser und der Reichskanzler sahen den „Kampf zwischen Slaventum und 
Germanentum“ immer näher rücken und bemühten sich, wenn sie ihn 
auch gewiß nicht wünschten und den Angriff jedenfalls denSlaven über 
lassen wollten, die allgemeine Lage so zu beeinflussen, daß die Chancen 
für uns günstig ständen, wenn er einmal ausbreche. Konnte ein halb- 
slavischer Staat in einem solchen Kampfe wirklich ein unbedingt zu 
verlässiger Verbündeter sein? 
Der Kaiser erklärte es für die nächsten Aufgaben, Rumänien fest 
zuhalten, Griechenland zu gewinnen, Österreichs Verstimmung zu besei 
tigen und womöglich dahin zu wirken, daß an Stelle des Grafen 
Berchtold eine andere Persönlichkeit in Wien an die Spitze komme 55 ). 
Das letztere gelang freilich nicht. Es gab auch offenbar in der Donau 
monarchie keinen Staatsmann, der einen festen und durchführbaren 
Plan für die künftige auswärtige Politik gehabt hätte. 
Unter diesen Umständen konnte Deutschland kein anderes Ziel 
haben, als einen Zusammenstoß der beiden großen Mächtegruppen nach 
Möglichkeit zu verhindern. Das war während der Balkankrisen im Zu 
sammenarbeiten mit England gelungen. Sollte sich nicht durch vor 
sichtige Verstärkung des angebahnten Vertrauensverhältnisses die atem 
raubende Spannung, unter deren Druck unser Erdteil seit sechs Jahren 
stand, überhaupt vermindern lassen? Noch einmal glomm die Hoffnung 
auf, das früher Versäumte nachholen zu können. War sie wirklich be 
gründet? 
54 J Moltke au Jagow, 6. Februar 1913. 
65 ) Der Kaiser an das Auswärtige Amt, 16. August.
	        
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