Full text: Von Bismarck zum Weltkriege

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17. Letzte Atempause 
Die Balkankrise war ohne allgemeinen Krieg vorübergegangen 
Noch einmal atmete man überall, wo man den Frieden wünschte, auf. 
Deutschland und England hatten sich 1 einander genähert, der Gegen 
satz zwischen Dreibund und Entente hatte scheinbar an Schärfe verloren. , 
Der Dreibund war nach langen Verhandlungen im Dezember 1912 ohne 
wesentliche Veränderungen erneuert worden und sollte bis 1926 fort- 
bestehen. Der Abschluß dieses Vertrages war eine der letzten Amts 
handlungen Kiderlen-Wächters gewesen. Am 30. Dezember 1912 war 
er von einem plötzlichen Tode ereilt und durch Herr v. Jagow ersetzt 
worden. Verschiedene Schiedsabkommen schienen den plötzlichen Aus 
bruch eines Krieges zu erschweren. Im fernen Orient und inAfrika war 
alles ruhig. Aber in Frankreich war Poincare im Februar 1913 Präsident 
der Republik geworden; er hatte sofort den Deutschenhasser Delcasse 
als Botschafter nach Petersburg gesandt und im Juli die Einführung der 
dreijährigen Dienstzeit durchgesetzt. In Rußland erhob der Panslavismus 
immer lauter seine Stimme. Und im nahen Orient sah es trotz der Frie 
densschlüsse recht bedenklich aus. Denn diese stellten nur eine Augen 
blickslösung der schwierigen Balkanfragen dar. Die politischen Grenzen, 
die sie zogen, entsprachen nicht den ethnographischen Verhältnissen und 
befriedigten niemand. Serbien war von den Russen auf Bosnien und 
Kroatien vertröstet worden und versuchte krampfhaft, wenngleich ver 
geblich, eine engere Verbindung mit Montenegro herzustellen. Bul 
garien konnte nicht darauf hoffen, die national zu ihm gehörigen maze 
donischen Gebiete zu erhalten, wenn nicht Serbien anderswo entschädigt 
wurde. Griechenland richtete seine Blicke von Saloniki schon nach 
Konstantinopel, von den Inseln nach der kleinasiatischen Küste. Der 
neugeschaffene albanische Staat war von inneren Kämpfen zerrissen, 
von der Eifersucht der Nachbarn im Süden und Norden bedrängt und 
hatte sich bald offener Angriffe von serbischer Seite zu erwehren. Diese 
nahmen im Herbst völlig den Charakter eines Feldzuges an und ver- 
anlaßte Österreich, am 18. Oktober die Räumung der besetzten alba 
nischen Gebiete binnen acht Tagen zu fordern. Deutschland war nicht 
vorher gefragt, sagte aber unbedingte Unterstützung auch bei krie 
gerischem Vorgehen zu, und ließ auch Rußland darüber nicht im Zwei-
	        
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