Full text: Von Bismarck zum Weltkriege

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Gegenmaßregeln der Entente 
ein deutsches Kommando am Bosporus noch viel weniger. Der russische 
Botschafter, meinten sie, könne sich nicht in einer Stadt mit deutscher 
Garnison befinden. Am 18. November setzte der russische Staatssekretär 
Kokowzow dem Kaiser und dem Reichskanzler in Berlin die Bedenken 
seiner Regierung auseinander und bat darum, daß nur Instrukteure 
ohne Kommandogewalt entsandt und womöglich in Kleinasien sta 
tioniert werden möchten. Der Kaiser erklärte jedoch, zur Umerziehung 
der Armee sei die Kommandogewalt unentbehrlich 9 ). 
Darauf wandte sich Rußland nach Paris und London und fragte, 
ob man nicht gemeinsam einen Druck auf den Sultan üben, eventuell 
Kompensationen fordern solle (26. November). In Paris ging man mit 
Eifer darauf ein, während Grey freundschaftliche Vorstellungen in 
f( Berlin für besser hielt. Als Kühlmann Grey darauf hinwies, daß doch 
auch ein englischer Admiral die türkische Flotte kommandiere (9. De 
zember), wurde dieser etwas stutzig und versprach, sich über dessen 
Befugnisse zu orientieren. Er mußte feststellen, daß der Admiral ebenfalls 
eine tatsächliche Kommandogewalt von großem Umfang ausübe. War er 
schon vorher nicht geneigt gewesen, dem russischen Drängen auf eine 
Art von Ultimatum in Konstantinopel nachzugeben, so bestand er 
jetzt darauf, daßi nur eine ziemlich harmlose Anfrage von den Bot 
schaftern der Ententemächte mündlich und einzeln an die türkische 
Regierung gestellt werde, des Inhalts: man nehme an, daß die Türkei 
dem deutschen General keine Vollmachten erteilt habe, die die Un 
abhängigkeit der türkischen Regierung oder die Freiheit der Meer 
engen beeinträchtigen könnten, und wünsche seinen Anstellungsvertrag 
zu kennen. 
Diese Anfrage wurde am 13. Dezember in Konstantinopel gestellt 
und dahin beantwortet, daß dem General zwar das Kommando des 
ersten türkischen Korps zustehe, aber keine Gewalt über die Be 
festigungen der Meerengen und keine Befugnis zur Sicherung der 
Ordnung in der Hauptstadt. Auch wenn es zur Verhängung des Be 
lagerungszustandes kommen sollte, werde er dort nicht ohne weiteres 
den Befehl haben (15. Dezember). 
Die Russen waren über die Verwässerung des von ihnen geplanten 
Ultimatums durch Grey sehr ärgerlich. Sassonow erklärte, wenn man 
gezwungen sei, seine Haltung auch diesmal wie schon in mehreren 
anderen Fragen zu ändern, so sei dies nur „dem Mangel an Zutrauen 
zu der Wirksamkeit der englischen Unterstützung zuzuschreiben. Dieser 
Mängel an Solidarität zwischen den Ententemächten errege in Peters 
burg ernste Besorgnisse, denn er bilde einen organischen Fehler der 
Triple-Entente, welcher uns dem festen Block des Dreibundes gegen 
über stets in Nachteil versetzen wird“. Er sprach sich auch dem eng- 
9 ) Aufzeichnung Bethmanns, 18. und 19. November. Lucius, 22. und 
28. November.
	        
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