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derselben und „hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zi^
sein." Christum als den leibhaftigen Gottmenschen zu wis
sen, ist keine anerzogene Gewohnheit unserer Bildung, es ist
die Nothwendigkeit der Idee selbst. Alle Widersprüche, wel
che seine äußere Geschichte liefert, die Unbedeutendheit so
mancher Wundererzahlungen, das Klaffende, Unzusammen-
hangende der Tradition u. s. f. kann man gern zugeben; ja
man muß es, wenn man nicht einen Selbstmord der In
telligenz begehen will; aber dadurch kann die Sache an
sich, die Wirklichkeit der Idee in der Erscheinung, nicht
verletzt werden. Es ist ein pueriler Kleinmuth Vieler
unserer Zeitgenossen, zu meinen, daß die Wissenschaft das
Christenthum als ein Antichrist zerstören, nicht, selbst im
Zweifel und durch ihn, verherrlichen werde. Welche Schlaff
heit des Glaubens, darüber sogleich den Kopf zu verlieren
und den Untergang der Welt als eines Sodom und Gomor
rha auszuschreien! Was der Anfang des Iohannesevange-
liums und der Johanneischcn Episteln ausspricht, dieses
unmittelbare Ueberzeugtsein, was auch Thomas, der
Zweifelnde, erfahren mußte und was im Sacrament des
Abendmahls zu ewiger Gegenwart für uns geworden ist, diese
innige Gemeinschaft mit Christo, wird alle Stürme der Kri
tik überleben.
Wir sagen dies nicht, das Werk von Strauß im Ge
ringsten zu beeinträchtigen; noch weniger, um dadurch auf
Schlciermachcr einen Schatten zu werfen; vielmehr stimmen
wir Strauß mit vollem Herzen bei, wenn er sagt, daß
Schleiermacher seinen Christus für den wahrhaften, auch
historischen, gehalten habe.
So viel hatte ich in dieser Vorrede über Schleierma
cher, mein Verhältniß zu ihm und sein Verhältniß zur jetzigen
Wissenschaft zu sagen. Ich kann aber nicht schließen, ohne
noch einen Blick auf unsere nächste Zukunft zu werfen. Die
Evangelische Kirchenzeitung hat die Hegel'sche Phi