Full text: Kritik der Schleiermacherschen Glaubenslehre

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so ober -so zu finden. Dies Princip ist also empirisch. Allein, 
weil die Erfahrung das Subject in seinem absoluten Zustande, 
in seiner Frömmigkeit, belauschen will, so hat es die Anlage zum 
Mystischen; es stößt auf den Widerspruch, die endliche Natur 
in den Momenten ihrer Vereinigung mit der ewigen zu erfassen. 
Das Absolute wird nicht absolut, nur in der Relativität eines 
menschlichen Zustandes erkannt. Ebenso wird das Subject in 
Beziehung auf das von Außen Gegebene skeptisch, weil es bei 
der Reflexion über sich Vieles, was die Tradition enthält, in sich, 
in seinem besonderen, zur Gestalt reinen Gefühls abgeschlossenen 
Wesen nicht findet und daher die Wahrheit des Uebcrlieferten, 
wo dasselbe mit dem Gefühl nicht consonirt, zu > bezweifeln ge 
drungen ist: dieser Zweifel trifft daher Alles, was dem unmit 
telbaren Gefühl als ein Nicht-Unmittelbares sich entzieht. 
Daß Schlciermacher diesen Standpunct, welcher den Gott 
im Menschen so zu sagen untertaucht, ergriffen, und, so weit die 
Beschränktheit des Standpuncts es zuläßt, sogar systematisch ent 
faltet hat, ist das große Verdienst seiner Arbeit, wofür ihm be 
sonders diejenigen zu danken haben, welche dasselbe Princip in 
der Religion und ihrer Wissenschaft annehmen zu müssen glau 
ben. Durch den Ernst seiner Arbeit ist denn doch diese dunkle 
Welt zu einem Verstände gekommen, der die Erkenntniß ihrer 
Einseitigkeit möglich macht. Zwar protestirt er in seiner neuen 
Vorrede ausdrücklich gegen die Ehre, ihn zum Haupt einer Par 
tei zu machen. Allein wenn er auch für sein Theil sich lossagen 
will, so müssen wir ihm dennoch wider seinen Willen diese Ehre 
von Neuem vindiciren, ohne dabei ihn mit dem Haufen jener 
seichten Theologen zu vermengen, welche das Gefühl für ihren 
Standpunct erklären, mit dieser formellen Declaration aber genug 
gethan zu haben vermeinen, ohne sich auf irgend eine Entwicke 
lung und Durchführung einzulassen. Von allen diesen wissen 
schaftlich Unmündigen ist Schleiermacher absolut und rühmlichst 
zu unterscheiden. Aber wenn er durch seinen Standpunct eine 
bestimmte Tendenz zu einer hohen Stufe der Bildung erhoben 
hat, wenn er zwischen der verständig gelehrten und speculativen 
Theologie als ein selbstständiges Element erscheint, wenn er im
	        
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