Bistum und Domkapitel
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angenehmen Mann, den schon erwähnten Propsten von Reinbek, Dr. Detlev
von Reventlov, der sich, wie es scheint, ganz der evangelischen Partei an—
geschlossen hatte. Er starb aber schon im folgenden Jahre, kann also zur Re—
formation des Stiftes nicht viel ausgerichtet haben. Seine Nachfolger Balthasar
Rantzau, Dompropst zu Schleswig (1530— 47)), Jodocus Hodtfilter (1547
bis 18553), Diedrich von Rheden (1533255), Andreas von Barby (15855— 59),
Johann Tiedemann (1559— 601) waren sämtlich katholisch, ein Zeichen, daß auch
das Kapitel bis dahin in seiner Mehrheit noch am alten Glauben hing').
Da aber mittlerweile wohl die Mehrzahl der Domherren evangelisch geworden
waren, wurde 15601 ein entschieden lutherischer Mann als Bischof gewählt: Eber-
hard von Holle, bisheriger Abt des Michaelisklosters zu Lüneburg. Wohl
erst unter ihm wird in den zum Stifte gehörigen Kirchen die Reformation durch—
geführt worden sein.
Nach seinem Tode, 1886, wurde Prinz Johann Adolf von Gottorf, der
spätere Herzog, als Bischof gewählt. Seit der Zeit ist das Stift als weltliches
Bistum in den Händen des Gottorfer Hauses geblieben.
Das Domkapitel mitsamt dem Entiner Kollegialkapitel behielt im wesent:.
lichen seine bisherigen Güter und wurde mit der Zeit zu einer kirchlich völlig
bedeutungslosen Versorgungsanstalt für Söhne des Adels, bis es endlich durch
den Reichsdeputationshauptschluß 1803 ganz aufgehoben wurde: die Dom—
kapitelsgüter fielen an das Fürstentum, die Besitzungen innerhalb der Stadt und
Genin an diese.
Mehr als die späteren Schicksale des Bistums und des Domkapitels interessiert
uns indes im Augenblick die Frage, wie langediese Instituteinner—
halbihrer bisherigen Diözesenochihrekirchlichen Funk-
kionen ausgeübt haben. Denn ebenso wie bei Hamburg haben diese ja nicht
mit einem Male aufgehört, sondern sind mit dem Fortschreiten der Reformation
allmählich erloschen.
Was die zum Herzogtum Holstein gehörenden Kirchen
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eine landesgesetzliche Regelung der Sache geschaffen, indem bestimmt wurde, daß
„im Lande zu Holstein, das nicht Lübischen Stifts sei“ — und das kann nur
heißen: was nicht zum Territorium des Stiftes gehöre — der Propst im
Holsterlande die episkopalen Funktionen künftig ausüben solle. Damit sind die
kirchlichen Rechte und Pflichten der Lübecker Hierarchie bezüglich der zu Holstein
gehörigen Kirchen gesetzlich aufgehoben worden. Da jedoch diese Kirchen in der
großen Mehrzahl klösterlichen oder adeligen Patronats und deshalb der landes
herrlichen Aufsicht entzogen waren, ist es möglich, daß dieser oder jener Patronats-
herr wenigstens zu Ordinationen und dergleichen spezifisch geistlichen Funktionen
die Dienste des Lübecker Bischofs oder Domkapitels auch weiterhin noch in An—
spruch genommen hat. Aber wo und wie lange das geschehen ist, darüber herrscht
ebenso wie über die Frage, wann in den einzelnen Kirchen der Diözese die Re—
formation durchgeführt worden ist, ein großes Dunkel. Es wäre ein Gewinn,
Diesem passierte das Unglück, 1545 bei einem Aufenthalte auf seinem Gute Kaltenhof
von einem märkischen Junker, der Geldforderungen an Christian III. zu haben meinte, zwecks
Errressung eines hohen Lösegeldes entführt und bis zu seinem Tode in Gefangenschaft gehalten
zu werden. Die kulturgeschichtlich höchst interessante Geschichte ist im AfjStuKG Bd. 2,
S. 301 - 72 zu lesen.
) Näheres über diese Männer bei IM III, S. 127 f.
Feddersen, Kirchengeschichte, B. II.