Full text: 1517 - 1721 (2)

Herzog Christian wird König 
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Mehrheit des Reichsrates wollte den Reformationsherzog nicht zum König. 
Schon zu Lebzeiten König Friedrichs hatte man sein Auge auf dessen Bruder, 
den jungen Prinzen Johann geworfen und Fürsorge getroffen, dasi er, um 
ein Freund des alten Glaubens und ein williges Werkzeug des Reichsrats und 
seines Aristokratenregiments zu werden, in Dänemark erzogen y Als nun 
König Friedrich zu früh für die Pläne dieser Partei gestorben war, koönnte man 
zwar den jungen Prinzen — er war erst 14 Jahre alt — noch nicht zum König 
wählen, wohl aber wurde auf dem gleichzeitig mit dem Kieler Landtage (8. Juni 
1533) eröffneten Kopenhagener Herrentange beschlossen, die Königs— 
wahl um ein volles Jahr hinauszuschieben. Die Zwischenzeit wollte man dazu 
benutzen, die Herrschaft der Aristokratie recht zu befestigen, und zugleich die bis— 
herigen Fortschritte in der Reformation des Landes zurückzudämmen. In der Tat 
hat man allerlei Masinahmen im Sinne einer kirchlichen Reaktion ver— 
sucht: die Viborger Domkirche sollte dem alten Gottesdienste wieder überwiesen, 
die Herrenklöster sollten zurückgegeben werden. Der Rezest vom 3. Juli bestimmte, 
dasi die Bischöfe das alleinige Recht zur Einsetzung von Priestern oder Predigern 
haben sollten. Ueber die Eintreibung des Zehnten wurden strenge Bestimmungen 
erlassen; alles genommene Kirchengut sollte zurückgegeben werden. Man versuchte 
sogar gegen den Haupthelden der reformatorischen Bewegung vorzugehen: Hans 
Tausen wurde am 14. Juli vor den Reichsrat geladen und als Ketzer dazu ver— 
urteilt, binnen eines Monats Seeland und Schenen zu verlassen. Aber bewaffnete 
Bürger, die sich auf dem Altmarkt versammelt hatten, hinderten die Ausführung 
des Urteils: Tausen blieb in Kopenhagen. Ueberhaupt hatten die antirefor— 
matorischen Masinahmen der Bischöfe nicht viel Erfolg: wo evangelische Prediger 
abgesetzt werden sollten, widersetzte sich das Volk, das überall schon zu weit auf 
geklärt war, um sich das autokratische Regiment der Bischöfe gefallen zu lassen. 
Und diese hatten nicht die Macht, ihren Willen durchzusetzen, da sie, in dem eigen— 
süchtigen Streben, ihre persönliche Macht und Herrschaft auszudehnen, die Schaf— 
fung einer starken Zentralgewalt unterlassen hatten. Der königslese Zustand schuf 
unhaltbare Verhältnisse: das Reich war sozusagen in sieben Bischofsreiche auf— 
geteilt und völlig außer Stande, den kemmenden Wirren kräftig zu begegnen. 
Herzog Christian hatte persönlich durchaus keine Neigung, die dänische 
Königskrone auf sich zu nehmen; er gönnte sie gerne seinem jüngeren Bruder und 
war nur bereit, während dessen Minderjährigkeit die vormundschaftliche Regierung 
zu führen. Anders aber dachten seine Berater, der tatkräftige deutsche Kanzler 
Uthenhofen und Johann Rantzau als Vertreter der seh. Ritterschaft, die das 
Heil der Herzogtümer und Dänemarks wie gleicherweise auch ihren eigenen Vor— 
teil in der Einheit des Herrschers über beide Lande sah. Und sie haben ihren 
Wunsch erfüllt bekommen: die merkwürdige Wendung, welche die politischen Ver— 
hältnisse nahmen, und die furchtbaren Wirren, in die das Königreich gestürzt wurde, 
haben es gemacht, das der Herzog von SH den dänischen Königsthron als ein 
Eroberer bestieg. 
Damit kommen wir zu einer der eigenartigsten Episoden der dänischen Ge— 
schichte: der sog. Grafenfehde (1534- 360). 
Sie ging von Lübeck aus. Hier hatte unter der Führung Jür gen Wullen— 
wevers die demokratische Partei das Stadtregiment völlig in die Hände be— 
kommen, und dieser tüchtige, aber überspannte Demagoge verleitete die Stadt, 
sich in ein politisches Abenteuer zu stürzen, das schließlich ihre Kräfte weit über— 
stieg.
	        
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