Bugenhagen in den Herzogtümern
101
Durch ein langes Schreiben vom 60. Januar 1542*) forderte der König
Bugenhagen mit höchster Dringlichkeit auf, alsbald (gemeint ist wohl in Begleitung
des königlichen Boten Johann Schele) sich zu ihm zu verfügen. Daß B. im all—
gemeinen zu einer neuen Reise nach der Nordmark bereit sei, entnimmt der König
tiner in einem längeren Briefe enthaltenen Aeusierung desselben, dasi er, soviel
den Bischof belange, darüber lieber mündlich als schriftlich verhandeln möchte.
Wozu der König die Anwesenheit Bugenhagens wünschte, wird in dem Schreiben
ganz klar ausgedrückt: „zu Vollziehung (Vollendung) und Bestätigunqg“ der
Kirchenordnung, da er seinen vielleicht nicht allzu lange währenden Aufenthalt
dazu brauchen wolle, diese „mit Bewilligung der Landschaft, inmasien wir dieselbe
in unsern Reichen Dänemark ete. angerichtet (haben), auch (hier) zu bestätigen
und zu renovieren“““). Wenn B. selber nicht abkommen könne — ihn sehe er
am liebsten, „als der dieser unserer Lande Gelegenheit, auch was wir allhier für
Leute haben, zum teil “) wissentlich“ sei —, so möchte er mit Luther, Melanchthon
und Justus Jonas „soviel handeln, dasi er der einen an seiner statt bekommen
möchte.“ Um das Kommen Bugenhagens zu beschleunigen, hat der König, wie er
schreibt, gleichzeitig eine Bite um Beurlaubung an den Kurfürsten gerichtet.
So klar uns aus diesem Briefe wird, zu welchen Zwecken der König das
Kommen Bugenhagens wünschte, so unklar ist aus Mangel an Quellen, in welcher
Weise nuun dieser seine Aufgaben in unserm Lande vollbracht hat: über der
Volhlendung der Reformation in den Herzogtümern
hiegt dasselbe Dunkel wie über ihrer Anbahnung. Die
einzige Quelle ist eigentlich die vollendete KO; im übrigen müssen wir uns mit
mehr oder weniger sicheren Mutmasungen helfen.
Nicht einmal wann Bugenhagen in unser Land gekommien ist, wissen wir. Wir
wissen nur, daß der Kurfürst ihn am 1. Februar 1542 für die Zeit bis nach
Ostern und dann noch einmal für eine kurze Zeit beurlaubt hat'). Es ist anzu—
—
Weib und Kinder, Anfang Februar von Wittenberg aufgebrochen und um den
l. März herum auf Gottorf oder in Rendsburg angelangt ist — die Reise dauerte
drei bis vier Wochen. Dann war noch eine Woche Zeit, um bis zu der ent—
scheidenden Sitzung des Landtages, dem 9. März, die nötigen Beratungen vor—
zunehmen und durch Einfügung der beschlossenen Abänderungen in die schon länger
vorliegende plattdeutsche Uebersetzung der Ordinatio diese als Vorlage für den
») Der Brief ist zu lesen an der schen zitierten Stelle, AArsberetninger l, 221 ff.
1) Wenn Bugenhagen die Kirchenordnung „bestätigen“ soll, ist das natürlich etwas
anderes, als wenn das Wort vom König gebraucht wird. Bei dem Reformator kann das nur
bedeuten, daß er als Vertreter der Wittenberger Zentrale der Reformation „bestätigen“ soll,
daß die nun endgültig sestzustellenden Vorschriften Bollundganzim Sinne Witten;
ergsgehalten seien, damit so „alle Zeremonien und Gebräuche der (evangelischen)
Kirchen“ (nicht bloñ in des Königs Reichen, sondern im ganzen evangelischen Bereich) „ordent—
lich, eintrachtig und gleichmasßiig gehalten, auch dadurch das göttliche Wort gefördert werden
möchte““. Es war dem König also weniger um neue Vorschläge für die KO, als vielmehr um
Prüfung der zum Teil vielleicht schon vorliegenden Vorschläge im Geiste Wittenbergs zu tun.
Deshalb wünschte er auf alle Fälle die Anwesenheit eines der Wittenberger Heroen, wenn nicht
Bugenhagens, so eines andern.
*) Diese Einschränkung ist bemerkenswert: Bugenhagen kannte genauer doch nur die dä—
misschenn Verhältnisse, diejenigen der Herzogtümer nur insoweit, als sie mit den dänischen in
Analogie standen oder bei seinem Aufenthalt in Hamburg und Lübeck und auf seinen ver.«
schiedenen Fahrten durch unser Land ihm bekannt geworden waren.
0) Vql. die Schreiben des Kurfürsten bei Schumacher Jl. 221 ff.