Zweites Buch
Die Entwicklung des Kirchenwesens in der Periode
der Orthodoxie 18942 - 1721
Nachdem die Reformation oder die Neugestaltung des Kirchenwesens in
Schleswig-⸗Holstein geschildert worden ist, haben wir nun die weitere Entwicklung
desselben zu betrachten, und zwar zunächst während der Periodeder Ortho—
doxise. Wir grenzen diese, obwohl schon in den letzten Jahrzehnten der Pietis—
mus einbricht, mit dem Jahre 1721 ab, weil mit diesem Jahre in den Herzog—
tümern eine einschneidende politische Veränderung eintritt, die zugleich für das
—
Innerhalb dieser Periode ordnen wir den Stoff nach sachlichen Gesichtspunkten.
Dabei gehen wir von außen nach innen und von oben nach unten. So .entspricht
es der geschichtlichen Wirklichkeit. Denn das im Sinne der lutherischen Re—
formation neu gestaltete Kirchenwesen ist keine Gemeindekirche, keine Darstellung
des „allgemeinen Priestertums“ geworden, sondern ist, wenn auch mit veränderten
Vorzeichen, das geblieben, was es in katholischer Zeit war, eine von oben her
regierte Anstaltskirche. Deshalb haben wir zu beginnen mit dem Kir—
chenregiment, beschränken uns aber dabei nicht auf die Kirchenregierung im
engeren Sinne, sondern schildern zugleich die allgemeinen Maßnahmen der ver—
schiedenen Kirchenregierungen und bekommen so ein Bild von der äusseren
Gestaltung des Kirchenwesens während der bezeichneten Periode.
In diesen Rahmen hinein können wir dann weiterhin die innere Entwicklung des
Kirchenwesens oder das eigentliche Leben der Kirche hineinzeichnen.
l. Kapitel: Das Kirchenregiment und die äußere
Kirchengestalt.
§10. Das Kirchenregiment gemäß der Kirchenordnung (1542 ff.).
Das erste und greifbarste Resultat der Resformation war, wie in allen luthe—
rischen Landen, so auch bei uns die eindeutige und —
Kirchenregiments durch die weltliche Obri gkeit, das heißt also in den
Herzogtümern durch den Landesfürsten, Herzog⸗König Christian. Daß der Herr—
scher das Kirchenregiment durch dieselben Organe übt, die ihm für das weltliche
Regiment zur Verfügung standen Statthalter, Kanzlei, Amtleute), ist so selbst—
verständlich, daß besondere Bestimmungen darüber in der KHO— gar nicht gegeben sind.
Aber der Fürst konnte bei der Ausübung des Kirchenregiments auch gewisser ge i st—
licher Organe nicht entbehren. Und über diese sind nun in der KO (einschliesi