Gesetzliche Bestimmungen
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von ihnen soll Lector Ordinarius sein und zweimal in der Woche im Lectorium
aus der heiligen Schrift lesen, sowie für den Bischof, wenn dieser verhindert ist,
predigen. Vier sollen zum Konsistorium verordnet werden, davon zwei die ge—
nügende juristische Gelehrsamkeit in Ehesachen besitzen, die beiden andern Beisitzer
im Konsistorium, zugleich aber Provisoren der Kapitelsgutes sein. Der jüngere
von den „Kirchenjuristen“ soll als Notar des Konsistoriums wirken und den
Bischof auf seinen Visitationsreisen als Sekretär begleiten. Drei sollen sich als
Lehrer an der aus der alten Domschule zu errichtenden höheren Landesschule be
tätigen (als Ludimagister, Subrector und Cantor).
Wir sehen: durch die neue Ordnung waren den Domherren nicht nur wertvolle
Rechte, sondern auch ihre schöne Freiheit genommen: sie sollten jekt mehr tun
als nur ihre Horen im Chor der Domkirche singen, sie sollten jetzt pflichtmästige
Arbeit tun. Daßüdas den älteren Herren nicht pasite, das namentlich der Schul
dienst als sehr lästig empfunden wurde, ist zu verstehen.
c. Während so für das Herzogtum Schleswig das geistliche Kirchenregiment
sehr ausführlich und sorgfältig geordnet ist, wird Holstein in dieser Beziehung sehr
stiefmütterlich behandelt. Ganz am Ende der KO erscheint wie angeklebt (S. 177)
ein Artikel „ Wam Prawestenm Holsterlande“, der sich durch Kürze,
aber nicht durch Klarheit auszeichnet. Nicht einmal das Gebiet seiner geistlichen
Herrschaft wird klar bestimmt. Ich habe zwar mit den meisten historikern an—
genommen (S. 81), dast die Bestimmung „wat nicht Lübeschs Stiftes vs“, auf
das bischöfliche Territorium, das Land um Eutin herum, sich bezieht. Aber klar
ist das nicht: die Einschränkung kann sich auch auf die ganze Diözese des Lübecker
Bischofs beziehen. In diesem Falle wäre das Gebiet des Propsten im Holster
lande auf das des Hamburger Dompropsten beschränkt gewesen. Daß der zu er
nennende holsteinische Oberkirchenaufseher Propist und nicht Bischof genannt
wird, erklärt sich einerseits durch die Rücksichtnahme auf das bestehen bleibende
Lübecker Bistum, andererseits daraus, dasß sein katholischer Vorgänger, der Ham
burger Dompropst, diesen Titel hatte. Im übrigen werden ihm wesentlich die
selben Funktionen wie dem Schleswiger Bischof zugeteilt: Visitation aller
„unser“) Kirchen, nach demselben Modus wie in Schleswig, also einmal jähr—
lich in den Städten; dazu die Eramination und Ordination aller Priester des
Landes. Auch erhält der Propst einen Ertralohn, der allerdings, „beth so lange,
dat wynpdt beter mit em maken“, bedeutend geringer als der Bischofslohn ist:
100 Gulden „aus den Klöstern““. Die Wahl soll durch die Stadtpastoren des
Landes geschehen und vom regierenden Herzog von Holstein bestätigt werden. Eine
sehr wichtige Bestimmung fehlt gänzlich: über ein Konsistorium, ein geist—
liches Gericht, wie es dem Schleswiger Bischof in seinem Kapitel beigegeben
wurde, ist nichts gesagt.
Der ganze Artikel dentet darauf hin, daß er in Eile, unmittelbar vor dem Zu—
samnmientritt des Landtages gearbeitet worden, und dasi man sich über die endgültige
Ordnung für Holstein nicht völlig klar gewesen ist. Die Rücksicht auf das Lübische
Bistum, von dem man erwarten konnte, daß es demnächst gleichfalls im evan—
gelischen Sinne werde reformiert werden, und die persönliche Rücksichtnahme auf
den zum Landtag erschienenen, dem mächtigen Rantzaugeschlechte angehörigen
Bischof scheint hier wirksam gewesen zu sein.
2) Hier ist wieder eine Unklarheit: bedeutet das nur die dem königlichen Regiment direkt
unterstehenden oder auch die adeligen Kirchen?
Feddersen, Kirchengeschichte, B. It