Das Schleswiger Pädagogium
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dum magisterii vel studia facultatum“ zu bringen und ihnen so einige Uni—
versitätsjahre zu ersparen. Die Anstalt sollte also den Studierenden ebenso wie die
„artistische“ Facultät bei den groseen Universitäten die allgemeine wissenschaftliche
Vorbildung für die eigentlichen Fachstudien bieten: sie war als eine Art von
Pro-Universität gedacht.
Aber der Appell an die beiden Landesfürsten, Friedrich II. und Jo—
hann d. A. war vergeblich: es paßte ihnen nicht, daß aus den Mitteln des
Stiftes, das ihrem gemeinsamen Patronat unterstellt war, eine Anstalt errichtet
werden sollte, welche nur dem schon so wie so stets unbescheiden sich vordrängenden
Herzog Adolf und dessen Land zu Nutz und Ruhm gereichen konnte. Auch bei
den Domherren fand der Plan heftigen Widerstand. Hatten diese schon mit
dem Hofprediger V. Jensen in bitterster Feindschaft gelebt, so waren sie dem neuen
Superintendenten von vornherein entgegen, weil er ohne Rücksicht auf ihre Privi—
legien, die ihnen freie Wahl eines Superintendenten garantiert hatten, ihnen
vom Herzog einfach aufgedrängt worden war, und weil sie in diesem zielbewusiten
und tätigen Manne einen Worgesetzten erkannten, der ihrem bequemen und, wie
es scheint, moralisch nicht ganz einwandfreien Leben — als porcos de grege
Epicuri hat V. Jensen sie bezeibhnet — nicht einfach zusehen würde. Als nun
an die dazu fähigen unter ihnen das Ansinnen gestellt wurde, an dem Pädagogium
Lehrerdienste zu leisten, sperrten sie sich, wahrscheinlich im Vertrauen auf die
anderen Patrone des Stiftes, und protestierten dagegen, das man über ihre Person
und die Güter des Stiftes zugunsten der Lehranstalt verfüge, da solches ihren
Privilegien von 18550 widerspreche. Auch andere Beschwerdepunkte brachten sie bei
dieser Gelegenheit in einer, wie es scheint, etwas insolenten Form zu Tage.
Der Herzog war ebenso wenig wie sein Kanzler der Mann, der vor papierenen
Protesten zurückwich oder ein gegebenes Wort allzuhoch achtete. Seine Mitregenten
konnte er nicht zwingen — diese „Pfaffen“ hatte er sicher in seiner harten Hand.
Er verlangte seinen Revers zurück, und als man sich weigerte ihn herauszugeben,
ließ er die drei ältesten Domherren verhaften, den Revers holen und vernichten.
AMag. Caese Empuga, der Lektor und Mag. Hierenymus Cypracus
mußten vom 5. bis 26. Juni 1503 in dem Klerikergefängnis des Schlosses zu
Schwabstedt, der sog. Cyricks-Kammer sitzen; Conrad Hogreve hatte als
einstiger Lehrer des Herzogs den Vorzug, im Getreidehaus zu Gottorf eingesperrt
und schon am 11. Juni wieder in Freiheit gesetzt zu werden.
Mit dieser Maßnahme war der Trotz der Domherrn gebrochen: Sie mußten
den Herzog als Haupt des Kapitels anerkennen, sich allen Bestimmungen wegen
des Pädagogiums unterwerfen, eine von den Kapitelsgütern zu erhebende Steuer
von 4 Thalern pro Pflug bewilligen und gestatten, daß ihre erbuntertänigen
Bauern Hofdienste leisteten, wenn der Herzog es verlangte. Emynga und die
anderen verhaftet gewesenen mußten wegen der ihnen zuteil gewordenen Behand—
lung Urfehde schwören und die anderen Herrn dafür Bürgschaft leisten.
Den Abschluß dieser Tragödie bildete eine Komödie: auf herzoglichen Befehl
mußten sich alle an dem Streit beteiligten Personen am 30. September im Dom
miteinander versöhnen, wobei der Domvikar Mag. Joh. Lucht, der zu den Dom—
herrn gehalten, und deswegen seinerzeit vom Hofprediger V. Jensen in der Kirche
eine Ohrfeige bekommen hatte, solche dem letzteren feierlich verzeihen mußte “).
Sonnabend nach Oculi des folgenden Jahres ging der Herzog eine neue „Kapi—
13) Zu dieser Episode vgl. außser Rör dam S. 664 f. u. a. Mon. ined. IV, S. 3196 f.