Gewaltakt gegen das Domkapitel
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kommen, mußte das Kapitel zunächst den s. Zt. auf königlichen Befehl gewählten
Kopenhagener Professor Mag. Johannes Aurifaber unter dem Vorwand, daß er
trotz geschehener Aufforderung seine Pflicht bei der Domkirche zu „residieren“ nicht
erfülle, ausstoßen. Dann nahm Herzog Adolf einen angeblichen Uebergriff der
Domherren in sein Recht über „Hals und Hand“ der Unterthanen des Dom—
kapitels zum Vorwand, wieder mehrere von ihnen ins Gefängnis zu werfen. So
schuf er das geeignete Konklave zur Wahl eines Koadjutors. Die Gefangenen
konnten sich nämlich nur dadurch aus der Haft lösen, dasi sie das noch in der
Wiege liegende Kind — Herzog Friedrich war am 21. April 1508 geboren —
zunächst zum Domherren und dann zum Koadjutor „wählten“. Die „Wahl“ ge—
schah in folgender Weise: Am 5. Juli 1509 erliesi Herzog Adolf ein Reskript,
durch welches er seinen Sohn als Koadjutor im Bistum annahm. Am 18. Juli
waren die Domherrn soweit mürbe, daß sie eine Urkunde unterschrieben, nach
welcher sie „ohne allen Zwang, Furcht und Hinterlist, auch sonder alle simonische
Pravität, opulariter versammelt“ — in Wirklichkeit hatte jeder in
seiner Zelle gesessen — die Annahme des Prinzen zum Koadjutor „bewilligten
und bestätigten“. Ausierdem musiten sie sich verpflichten, 20 Jahre hindurch
über das, was mit ihnen gemacht war, zu schweigen. Erst danach wurden die
Gefangenen wieder in Freiheit gesetzt. Nur einer, der Domherr Maßg. Er as-
mus Heidtmann besaß Charakterstärke genug, das betrüqgliche Dokument
nicht zu unterschreiben “).
Mit diesen empörenden Vorgängen war das Ende des Bistum und Kapitels
als christlich-kirchlicher Institutionen vollends besiegelt. Deshalb ist hier der Ort,
über ihre weiteren Schicksale in einer kurzen Uebersicht abschließend zu berichten.
5. Zusatz: Endschicksale des Schleswiger Stifts und Kapitels.
Solange Herzog Adolf lebte, konnte er sich seiner Bischofs- und sein Söhnchen
der Koadjutorwürde erfreuen ). Nach seinem Tode jedoch (1580) betrachtete
König Friedrich II, da er die Wahl Herzog Friedrichs zum Koadjutor niemals
anerkannt und auch die Verhandlungen, die deswegen zu Odense 1579 geführt
worden waren, kein Resultat gebracht hatten, sich als freien Herrn des Stiftes
und beauftragte seinen Kanzler Niels Kaas, den Statthalter Heinrich Rantzau
und zwei andere Edelleute, sich nach Schleswig zu begeben und das „ihm und der
Krone heimgefallene“ Stift in seinem Namen in Besitz zu nehmen. In einem
späteren Schreiben, Hadersleben, den 20. Dezember 1580, versprach er, das Stift
wieder in seinen alten, der KO. entsprechenden Stand zu bringen, den Kirchen
und Schulen zum Besten, und begründete eben damit die Besitznahme; was nach
der KO dem Bischof und den Domherren zukomme, solle ihnen bezahlt werden ).
Ein neuer Bischof wurde jedoch nicht gewählt, vielmehr galt der Superintendent
von Eitzen, solange er lebte (bis 1598) als geistlicher Vicebischof. Als nach Eitzens
Tode Herzog Johann Adolf den Wunsch aussprach, sein Hofprediger und General—
) Dessen eingehenden Vericht über diese Vorgänge s. bei Rördam S. 715222.
20) Vgl. zum folgenden bes. Rör dam a. a. O. S. 725 — 32 und Jensen, Zur Gesch.
des Schleswiger Domkapitels in AfStuKG 2 (18574) S. 451 si.
17) Im J. 1587 erging der Befehl des Königs, die in Schwabstedter Schloß aufgefundenen
Dokumente zu registrieren. So entstand das in Mon. ined. IV, 31074 7202 mitgeteilte
„Schwabstedt⸗Buch“.