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B. 2, K. 1, 9 12. Kirchenreg. im Königlichen Gebiet
oft genug geschehen — aber eine amtliche Stellung über der königlichen Geistlichkeit
in den Herzogtümern hatte weder der eine noch die andere. So blieb also auch
die geistliche Leitung im königlichen Gebiet durchaus dezentralisiert: die geistlichen
Gehilfen der Amtmänner, die Pröpsste, behielten die volle geistliche Stellung,
die Christian III. den vier Superintendenten von 1540 verliehen hatte: sie hatten
nicht nur in Gemeinschaft mit den Amtmännern zu visitieren und im Namen des
Königs die geistlichen Stellen zu besetzen, sondern auch die Kandidaten zu exami—
nieren und zu ordinieren; auch konnten sie durch ihre Eingaben und Berichte direkt
auf die Kopenhagener Zentrale einwirken. M. e. W.: die Pröpste hatten im könig—
lichen Teil eine bedeutend bessere und höhere Stellung als im Gottorfschen, wo
schon durch die Erinnerung an das alte Bistum das Kirchenwesen viel stärker zen—
tralisiert war.
Dieser Rechtszustand wurde dadurch erleichtert, daß es während der Dreiteilung
im königlichen Gebiete eigentlich nur zwei wirklich bedeutunqgsvolle Propsteien
gab, und zwar in jedem Herzogtum eine.
In Schles wig hatten die Sundewitter Kirchen schon früh einen besonderen
Kirchenaufseher bekommen, wurden aber nach dem Tode Christians III., als sie
zum Leibgedinge der Königinwitwe wurden, aus der unmittelbaren Stellung unter
dem Königlichen Episkopat gelöst. Alsen und Aerö wurden 1571 wieder in die
uralte Verbindung mit dem Bistum Odense gebracht. Es blieb also als größere
Propstei nur diejenige über Stadt und Amt Flensburg, welche noch bis 1571
der würdige „Superintendent“ von 1840, Gerd Shlewert, innehatte. So
ward Flensburg der geistliche Mittelpunkt des könig—
hbichen Schleswigs.
Im königlichen Holsste in aber gab es, wenn wir von dem 15509 hinzuge—
kommenen Drittel Dithmarschens absehen, bis 18581 nur eine Propstei: die
Münsterdorfer, und diese ist, so darf man sagen, bis ins 19. Jahrhundert
die vornehmste unter allen Propsteien Holsteins geblieben. Dazu haben mehrere
Umstände beigetragen.
l. war die Münsterdorfer Propstei die unmittelbare Rechtsnachfolgerin der in
der KO angeordneten Propstei für Holstein. Diese sollte ja alle damals zu Holstein
salso abgesehen von Dithmarschen und Pinneberg) gehörenden Kirchen umfassen,
soweit sie nicht Lübischen Stiftes waren. Aber durch die Landesteilung von 1544
und die weiterhin zu besprechende neue Teilung des königlichen Gebietes von 15604
wurde ein großer Teil dieser Kirchen der Münsterdorfer Propstei ohne weiteres
entzogen. Es blieben aber auch weiterhin, bis zur Errichtung der Segeberger Prop.
stei (1086) a IIe Kirchen des königlichen Holstein, auch die des Amtes Segeberg,
sowie die Stadtkirchen zu Segeberg, Oldesloe und Heiligenhafen unter der Auf—
sicht des Münsterdorfer Propsten, so daß dieser in der Tat eine weit umfassende
geistliche Gewalt besaß und mit gewissem Recht auch nach der Landesteilung als
der Propst von Holstein bezeichnet werden konnte.
2. Wichtiger aber als diese weitumfassende Wirksamkeit der Münsterdorfer
Propsten, die ja mit der Zeit aufhörte, war, daß Münsterdorf schon seit Jahr—
hunderten ein geschlossenes Gebiet geistlicher Aufsicht
darstellte, das dann wiederum geschlossen, unberührt durch die Landesteilungen, Do—
mäne eines Landesherrn verblieb, so daß die neue kirchenregimentliche Ordnung
hier an uralte kirchliche Tradition unmittelbar anknüpfen konnte. Der Grundstock
der Münsterdorfer Propstei war nämlich und blieb das Gebiet des alten „Mün—
ster dorfer Kalands“. Zwar war dieser Kaland in der Reformationszeit