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B. 2, K. l, 8 14. Gottorfer Kirchenreg. 1880 - 1059
Es erging unter dem 11. April 1609 ein scharfes Edikt an die
weltlichen und geistlichen Beamten, durch welches allen Pastoren und Kirchdienern
„bei Verlust ihres Dienstes und nach Befindung ihrer Verwirkung ferner unserer
Ungnade und Strafe“ geboten wurde, „daß sie sich alles unzeitigen Schmähens,
Scheltens und Verdammens wie auch aller persönlichen Anziehung derjenigen,
so im Heiligen Römischen Reich nicht verdammt seien (d. h. eben der Kalvinisten“
gänzlich enthalten sollten.“
Das Edikt sieht aus wie eine Erneuerung des noch in Kraft befindlichen Lüne—
burger Mandats von 1502). Aber wie dieses konnte es von den Geistlichen nur
als caesaropapistische, verwerfliche Einengung ihres „Strafamtes“ empfunden wer—
den. Besonders erschwerend, fast beleidigend für die Geistlichen mußte es wirken,
daß das Edikt nicht nur an sie und ihre geistlichen Vorgesetzten erging, sondern
auch an die staatlichen Behörden, und diese mit scharfen Worten auf seine Durch-
führung gewiesen, also zu Aufpassern für die Geistlichen bestellt wurden.
Dies Edikt, das selbstverständlich über den Kopf des Generalpropsten hinweg
erlassen, ja wohl gerade besonders gegen ihn und sein ihm als heilige Pflicht
erscheinendes Zeugnis wider den Kalvinismus gerichtet war, mußte ihm das Ver—
bleiben im Amte natürlich aufs äußserste erschweren. Der letzte Stoß gegen ihn
hatte freilich einen ganz besonderen Anlaß.
Ein keineswegs geistig bedeutender Student kalvinistischer Herkunft, Hein-—
rich Rudolphi aus Stade, war von masigebender Seite den fürstlichen Herr—
schaften empfohlen worden und erhielt die Vergünstigung, am J. Weihnachtsfest—
tage 16009 zwecks eventueller Anstellung im Lande eine Probepredigt halten zu
dürfen. „Stolz und vermessen“ entwickelte der junge Mann im Anschluß an den
Text Philipp. 2, 19 die echt kalvinische Christologie. Am folgenden Sonntag (vor
Neujahr) begann Fabricius „auf seine calvinishhe paradoxa zu antworten und
verhieß am folgenden Mittwoch ferner davon zu handeln“. Sofort nach der Pre—
digt ging ihm durch zwei fürstliche Abgesandte der Befehl zu, sich „solcher Ma—
terien“ zu enthalten. F. antwortete, „das könne er mit gutem Gewissen nicht tun“.
Darauf ward noch einmal der Befehl wiederholt. F. wandte sich schriftlich sowohl
an den Herzog wie an die Herzogin. Der Erfolg war, das er am Reujahrstage
seine Entlassung erhielt.
So fand das schon so lange zwischen Fürst und Hofprediger bestehende Miß—
oerhältnis schliesilich sein Ende, nicht ohne tiefe Tragik: der Fürst stieß seinen
treuesten Diener von sich, die Landeskirche wurde ihres besten Hüters beraubt. Auf
der anderen Seite muß es doch für Fabr. eine innere Erlösung gewesen sein, als
er endlich die Freiheit gewann, allein seinem Gewissen zu folgen.
Im übrigen ging man bei seiner Entlassung keineswegs inhuman vor. Es ist
anrichtig, wenn es bei J-M IIIS. 318 heißt, F. habe gleich mit Weib und Kind
abziehen müssen. Vielmehr durfte er auf seinem Hofe ruhig sitzen bleiben, bis er
lin Rostock) eine Wohnung gefunden hatte; erst in der Osterzeit zog er ab. Ja,
der Herzog hatte ihm sogar schon am 5. Januar die Pastorenstelle zu Garding
oder Tönning anbieten lassen. Aber er hatte das Angebot abgelehnt, ebenso wie
eine Berufung als Hofprediger in Eutin von seiten des Bischofs Johann Friedrich,
des Bruders Johann Adolfs: er hatte wohl einstweilen das Gottorfer Fürsten⸗
haus satt. Im übrigen erfuhr er auch jetzt die „Sorgfältigkeit seines Gottes
gegen ihn“ in reichem Maße: man wünschte ihn nach Kopenhagen an die Uni—
y Val Kont. S. 4Ma ff.