Gemeinsame Verordnungen
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Gottes sich lege und in Wohlstand, Friede und Freude seine Gnadensonne wieder
über dem Volke scheine. Was aber konnten sie anderes tun als sich hinter ihre
Geistlichkeit zu stellen und den Ruf zur Busie und Besserung, den diese, doch
meist vergeblich, mit ihrem Wort an das Volk richtete, durch nachdrücklichen
Hinweis auf das ihnen von Gott verliehene Schwert zu unterstützen!
So erklärt sich, dasi nun erst, im grosien Kriege auch unsere Fürsten sich
sonderlich bemühten, mit Polizeiverordnungen das religiöse und sitt—
liche Leben ihrer Untertanen zu regulieren.
Dem einseitigen Patent Herzog Friedrichs 111.7) folgte die gemein—
sfame Ordnungvom4. Dez. 160 27, betr. die Gottesfurcht und etliche
politische Punkte (GHem. Ver. S. 3605 ff.). Nach dem Lübecker Frieden erliesi
Christian IV. das grosie, ausführliche, auf Vorschlägen der Professoren und
Bischöfe beruhende Edikt von Verbesserung der christlichen
Kirchenzucht „vom 27. März 10297). Obgleich zunächst nur für
das Königreich bestimmt, ist es als kirchliches Gebot offenbar auch im königlichen
Anteil unseres Landes verkündet worden“). Gemeinschaftlich erfolgte so—
dann die großse Polizey-Ordnung vom 27. September 16360
(Gem. Ver. S. 4764 530), in welcher mit gleichem Ernste wie die Pictas oder
Gottesfurcht die Kleidung der Untertanen geregelt wird “).
Von einschneidender Bedeutung fur das Kirchenregiment wurde die
gemeinsame Constitutio de anno 16036, betreffend die
Ecclesiasticaund Criminalia, Christianpreiß, den s. Aprilis
1636.
Sie verdient, ausführlich wiedergegeben zu werden').
Im 1. Absanz sagen die Fürsten, daß sie „denen so wol in Ecclesiasticis
als Criminalibus vielfältig eingerissenen, wider Gottes geoffenbartes Wort, die
Reichs- Constitutiones und beschriebene Rechte laufenden Exorbitantien und
Mißbräuchen länger nachzusehen weder für Gott und im Gewissen, noch für der
Ehrbaren Welt zu verantworten“ im Stande seien.
Im 2. Absatz betonen sie, daß „uns als Landsfürsten die Ueberauf—
sicht ahler Kirchen und Schnlen und demzufolge dieses vornemblich
zu beschaffen obliege und gebühret, daß nemblich Gottes Wort zuförderst rein und
lauter geprediget, qut Kirchendisciplin und Ordnung gehalten, Kirchen und Schn.
len gebührlich versorget und in bawlichen Wesen conserviret, und zu dessen Fort
setzung Generalvisitationen, umb auff Prediger und Zuhörer Lehr
und Leben fleistige achtung zu geben, angestellet, Niemanden aber, er sey wer er
wolle, unchristlich und ärgerlich Leben zu führen verstattet““ werde. Deshalb seien
sie entschloessen, „auff maß und wepse, wie im gantzen Römischen Reich und
anderen Evangelishhen oder Augspurgischer Religion und Confession zuge
thanen R—önigreichen observiert wird, und in voriger Kirchenordnung mehren.
theils enthalten“, von nun an jeder einen „und also in gesamt zweene“ ..
Von mir veröffentlicht Bu Mo, 248 j.
) Zu lesen z. B. bei Pont. III, 770- 702.
) Das geht aus verschiedenen Abschriften, die uns erhalten sind, hervor, z. B. bei Busund
in der im Flensburger Propsteiarchiv befindlichen Sammlung von Constitutionen S. 15 ff.
19) Inhaltlich werden diese für die religiösen und moralischen Auschauungen der Zeit höchst
harakteristischen Ordnungen weiterhin (im 5. Kapitel) zu würdigen sein.
1) Zu lesen Gem. Ver. S. 181 -60. Ich zitiere nach der 10058 zu Glückstadt gedruckten
Ausgabe der revidierten Landgerichtsordnung von 1050, S. 102 jf.