Full text: 1517 - 1721 (2)

Unterordnung der Adelekirchen 1050 
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Es war doch schon an sich ein Skandal, dast in Holstein 29 und in Schleswig 
14 Kirchen seit dem Aufhören des bischöflichen Regiments ohne jede höhere Be 
aufsichtigung und Leitung, also auch ohne jeden Zusammenhang mit der Gesamt 
kirche geblieben waren. Die adeligen Herren hatten in „ihren“ Kirchen ganz 
nach Belieben wirtschaften können: waren sie doch auf ihren Gütern nicht nur 
kleine Könige, sondern auch kleine Bischöfe gewesen. Es hatte kein Konsistorium 
zur rechtlichen Behandlung kirchlicher Dinge bestanden, die Patrone waren an 
keinen Propsten oder Superintendenten für die Eraminierung und Ordination 
„ihrer“ Priester gewiesen gewesen, ein jeglicher hatte nach Art der mittelalter 
lichen Kircheneigner diese als Hauspriester ansehen und behandeln können. 
Es liegt mir völlig fern, den Adel ungerecht zu beschuldigen. Es hat auch nach 
der Reformation unendlich viele fromme und einsichtige Patrone gegeben, welche 
der Kirche gaben, was ihr gebührte. Der reiche Schmuck, den wir gerade in 
vielen Adelskirchen finden, zeigt, daß ihrer viele gern etwas zur Ehre Gottes 
hergaben. Aber wie in allen Ständen gab es auch unter ihnen genug Unfromme, 
und es ist menschlich verständlich, daß solche die ihnen verliehene „Libertät“ dazu 
benulzten, aus den Kirchengütern für sich selber Vorteil zu ziehen und mit den 
Kirchendienern ganzach libitum umzugehen. Kirchenland wurde zum Hoffeld ge 
sogen, mißliebigen Geistlichen der Brotkorb höher gehängt, bei Anstellung von 
solchen mehr als auf ihre Qualifizierung durch Lehre und Leben darauf gesehen, 
ob sie angenehme und trunkfeste Gesellschafter waren, ob sie bereit waren, eine 
»om Junker geschwängerte Magd oder eine Lieblingszofe der gnädigen Frau zur 
„Pastorsche““ zu machen und dergl. Dazu kam der wirtschaftliche Egoismus, ver 
möge dessen die Herren durch rücksichtslose Ausnutzung der Zeit und Kraft ihrer 
Leibeigenen und „Hosdiener“ (der persönlichen Dienerschaft) diesen die Anteil 
nahme am kirchlichen Gemeindeleben erschwerten, und die Ansicht, daß es gut sei, 
die „Unterthanen“ möglichst dumm zu halten. So kam es, daß auf vielen Gütern 
das Schulwesen absichtlich auf möglichst geringer Stufe gehalten und ein dumpfes, 
stumpfes Volk gezüchtet wurde, das für jede tiefere religiöse Einwirkung un. 
geeignet war und auch zu den notwendigsten kirchlichen Pflichten durch die Peitsche 
und den Schandpfahl angetrieben werden mußte “). 
Diesser kürchlichen Willkürdes Adelswurde durchdie 
Konstitutionvon 160766ein Endegemacht: anch für die bisher 
unbeaufsichtigten Kirchen wurde eine höhere Aufsicht geschaffen, ein kirchliches Ge 
eicht aufgerichtet und die Geistlichen unter obrigkeitlichen Schutz gestellt. 
Es hat natürlich lange gedauert, bis das durch diese Maßnahme Beabsichtigte 
wirklich überall zu Tat und Wesen wurde. Aber ein Anfang zu Besserung war 
doch gemacht, und die neuen Visitatoren machten sich mit Eifer an ihr Werk. Die 
des Zügels ungewohnten „Praelaten und Ritter“ leisteten zum Teil erst Wider 
stand. So weigerten die adeligen Fräulein vom Kloster Preetz sich hartnäckig, 
ihre Mägde und Diener zur oberhirtlichen Katechese zu „verstatten“ und erlaubten 
dem neuen Herrn nur eine Predigt in der Klosterkirche (Vis.bericht). Auf dem 
Landtag in Kiel, 31. Dezember 16036 und dem darauf folgenden zu Flensburg, 
16. März 10537, murrten die Herren wider die Unkosten und Beschwerungen, 
welche ihnen die Visitation und das vorgeschriebene Eramen der Vozierten machen 
würden. Die Landesfürsten erließen ihnen darauf zwar die sonst übliche freie 
i2) Das sind keine vagen Veschuldigungen, sondern wird durch die Visitationsberichte, welche 
wir seit loßo gerade über die gemeinschaftlichen Kirchen besonders reichlich besitzen, beleat 
Fedderien, Kirchengeschichte, B. I.
	        
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