Full text: 1517 - 1721 (2)

Kirchenvisitationen 
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Generale VWVisitationen wurden ursprünglich nur auf besonderen Be— 
fehl des Landesherrn in dieser oder jener Propstei vorgenommen (vgl. oben S. 123), 
also in einem ganz unbestimmten Turnus. Aber schon im 17. Jahrhundert hat 
sich die Regel ausgebildet, daß die GGSS in dreijährigem Wechsel alle Ge— 
meinden ihrer Diözesen zu visitieren haben, wobei es dann bis in die Neuzeit ver— 
blieben ist ). 
Für die regulären Generalvisitationen haben sich schon im 17. Jahrhundert die 
Formen ausgebildet, welche sich im wesentlichen bis in die Neuzeit erhalten haben. 
Schon rechtzeitig wurde der Reiseplan festgelegt und den betreffenden Pastoren 
und Gemeinden mitgeteilt. Es war vorgeschrieben, daß der hohe Herr von einem 
Ort zum andern durch ein von der Ankunftsgemeinde zu stellendes Fuhrwerk 
abgeholt werde. Die Ankunft geschah in der Regel am Nachmittag. Es folgte 
dann in der Stille der pastoralen Studierstube die Prüfung der Kirchenrechnung, 
der Kirchenbücher und die Besprechung der Visitationsfragen, für welche jeder 
GS sein besonderes Schema hatte. Bei dieser Gelegenheit konnte der GS 
auch wissenschaftlich dem Pastor auf den Zahn fühlen und etwaige Gebrechen seel— 
sorgerlich mit ihm besprechen. Nachtmahl und Nachtlogis für den GSeund seinen 
„Diener“ im Pastorenhause waren vorgeschrieben. 
Am andern Morgen um 7 oder 8 Uhr fand dann der feierliche Wisitations— 
gottesdienst mit Predigt des Pastors, Katechese und Ansprache des GS statt. Am 
Schlusse war auch hier den Kirchendienern wie den Gemeindegliedern Gelegenheit 
gegeben, etwaige Beschwerden öffentlich kundzutun. 
Ob, wie es später üblich war, auch schon im 17. Jahrhundert nach dem Visi— 
tatiousgottesdienst Schulvisitationen in den Schullokalen stattfanden, kann ich 
nicht sagen; gefunden habe ich davon nichts. Daß der GSsdie bei der Katechese 
gefundenen Mängel mit dem Küster und den etwaigen Schulmeistern wird be— 
sprochen haben, ist anzunehmen, ebenso daß er niemals versäumt haben wird, die 
kirchlichen Gebäude mit den Juraten und Kirchspielsleuten zu besichtigen. 
Auch die Generalvisitation schloß mit einer feierlichen Mahlzeit. Wir dürfen 
freilich nicht annehmen, daß bei diesen der hohe Herr mit den „gemeinen Leuten“ 
an einem Tische wird gesessen haben — so etwas verbot der damalige strenge 
Standesunterschied. Noch für 1747 ist bezeugt, daß es einen Tisch „der Herrn 
Visitatoren“ mit sieben Gängen und einen Tisch der Juraten mit fünf im übrigen 
auch nicht üblen Gängen gab ( Bu Me6, 422 f.). 
Immerhin, auch so hatte der Visitator Gelegenheit genug, mit dem „gemeinen“ 
Kirchenvolk zu sprechen, ihm ins Herz zu schauen und seine Nöte und Bedürfnisse 
kennen zu lernen, wenn er der rechte Mann dazu war, und nicht nur als strenger 
und hoher Vorgesetzter auftrat. Eine Generalvisitation kommnte sehr segensreich 
wirken. Auf alle Fälle war sie sowohl für die Geistlichen wie für die Gemeinden 
doch noch ein Erhebliches wichtiger als die pröpstliche. Den Gemeinden trat der 
unmittelbare Vertreter des höchsten Herrn und obersten Bischofs vor Augen; der 
Geistliche empfand je nachdem mit Zittern und Zagen oder gutem Gewissen die 
unmittelbare Gegenwart des Mannes, der ihm kraft seiner Amtsgewalt mehr 
als der Provst schaden oder nützen konnte. 
*9) Wo der GS die Geschäfte eines Spezialpropsten zu verrichten hatte, wie im fürstlichen 
Gottorf, in den Königlichen Propsteien Flensburg oder Rendsburg, wird er wie die anderen 
Pröpste verpflichtet gewesen sein, jedes zweite Jahr zu visitieren. Die gleiche Pflicht ergab 
sich aus der wechselweisen Risitation in den „gemeinschaftlichen“ Kirchen. Eine Erleichterung 
der Visitationspflicht der GGSS bedeutete es, daß in Norderdithmarschen und im König 
lichen Pinneberg, sowie in einigen Städten keine Generalvisitationen stattfanden.
	        
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