Full text: 1517 - 1721 (2)

74 
B. 2, K. 1, 9 19. Behörden und Gemeinden 
4. Die geistlichen Gerichte (Konsistorien). 
Ein fossiler Rest der alten Kirchenform, eine Institution, welche in das durch 
die Reformation geschaffene neue Verhältnis zwischen Staat und Kirche im 
Grunde gar nicht mehr hineinpaßte und deshalb auch schließlich aus der evan— 
gelischen Kirchenform verschwinden mußsite, sind die für „geistliche“ Streitsachen 
bestimmten, mit Geistlichen besetzten „ge i st li chen Gerischte“ oder Kon— 
sist rien. Auch in unserm Lande sind diese nach Erlöschen der episkopalen 
Jurisdiktion beibehalten, bzw. alsbald neu aufgerichtet worden *). 
Die Sache, wenn auch nicht den Namen, finden wir schon 1528, wenn der 
Propst Weidensee in Hader s leben ein oder zweimal jährlich zur Erledigung 
der Ehesachen alle Priester seiner Propstei zusammenrief“). In den Bestallungen 
der schleswigschen Superintendenten von 1540 dagegen (vgl. S. 95 f.) ist auch 
die Sache nicht zu finden, vielmehr werden hier Amtmann und Propst als einzige 
kirchliche Behörde genannt und insofern das spätere Kirchenvisitatorium vorgebildet. 
Aber durch die Vereinbarung mit dem Domkapitel von 1541 und die KO ist 
für den Bereich des Schleswiger Bistums ein (oberstes) Konsistorium im vollen 
Sinne des Wortes eingerichtet worden (vgl. oben S. 113 und KO S. 104f, 
125) als eine Behörde zur Unterstützung des Bischofs in „haderigen Eesaken vnde 
wen Kercken vnde Prester edder Pastorn klagen edder vorklaget werden.“ 
Es scheint, daß auch nach der Landesteilung von 1544 dies Konsistorium zunächst 
wenigstens in Ehesachen für ganz Schleswig die einzige und eutscheidende 
Behörde blieb (Stemann S. 518). Aber schon bald finden wir im Herzogtum 
Schleswig andere konsistoriale Bildungen: in Hadersleben, auf Nordstrand, auf 
Fehmarn, in Flensburg, Husum, Eiderstedt u. a. (Stemann S. 519 ff.). Es ergab 
sich ja auch ganz von selbst, das mit dem Zerfall des Bistums und der Uebernahme 
des Kirchenregiments durch die einzelnen Landesherren auch die geistliche Gerichts— 
bdarkeit territorial geregelt werden mußte, und zwar ergibt sich für die weitere Ent— 
wicklung die Regel: wo eine Propsteigebildetwird, tritt dem 
Propsten für die gerichtlichzuentscheidenden Sachen ein 
Konsistorium zur Seite. Das Domkapitel blieb bis 1595 Ober— 
konsistorium für den Gottorfer Anteil und Spezialkonsistorium für die Propstei 
Gottorf, die anderen Landesteile entbehrten zunächst besonderer Oberkonsistorien. 
In den Bestimmungen der KO über den Propsten von Hol stein ist von der 
Einrichtung eines Konsistoriums nicht die Rede. Aber es verstand sich von selbst, 
daß diesem, wenn er in seinem Gebiete sämtliche bischöfliche Funktionen ausüben 
sollte, für die kirchengerichtlichen Angelegenheiten ein Konsistorium zur Seite ge— 
*2) Bei uns sind bis zur Errichtung des Kieler Konsistoriums 1867 die Konsistorien stets 
Gerichtsbehörden geblieben, wenn auch im 18. Jahrhundert den Oberkonsistorien einige 
Verwaltungsaufgaben, wie die Abhaltung der theologischen Prüfungen übertragen worden sind. 
Konsistorien als besondere Kirchenregierungen un Verwaltungsbehörden, wie sie 
in andern evangelischen Gegenden Deutschlands schon früh eingerichtet worden sind, hat es bis 
1807 weder bei uns noch in Dänemark gegeben, wenn man nicht den nur vorübergehenden 
„Kirchenrat“ Herzog Johann Adolfs (vergl. oben S. 102) dahin rechnen will. Die kirchliche 
Verwaltung ist bis zur preußischen Zeit stets (wie noch heute in Dänemark) bei den durch 
geistliche Oberbeamte ergänzten allgemeinen Staatsbehörden geblieben. — An Litera— 
tuer zu diesem Abschnitt vergl. besonders die S. 192 genannte Arbeit von Stemann, sowie 
Matthäi S. 268 -79. Sehr lehrreich ist die ausführliche Instruktion für das Sege— 
berger Konsistorium, die CDIt Il II, S. 400 - 424) zu lesen ist. 
EXBSIV, 209.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.