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B. 2, K. 1, 9 19. Behörden und Gemeinden
5. Das Kirchenpatronat.
Eine uralte, bis in die Zeit der Christianisierung, ja letztlich in das Heidentum
zurückreichende“) Form des Kirchenregiments ist das Patronat. Es hängt
immer irgendwie mit der Gründunng einer Kirche und Pfarrei zusammen. Der—⸗
jenige oder diejenigen, welche eine neue Kirche auf ihre Kosten gebaut und das
zur Besoldung eines Priesters nötige Land (die Priesterhufe) hergegeben haben,
beanspruchen und behalten mit ihren Rechtsnachfolgern ein (nur durch den Zweck
der Schenkung beschränktes) Eigentums- und eben damit Herrschaftsrecht, nament⸗
lich aber die Bestellung und Entlassung des Priesters. Das Institut des Patronats
widersprach an sich den zentralisierenden Tendenzen der katholischen Kirche, vor
allem rivalisierte das von den Patronen in Anspruch genommene Besetzungsrecht
mit dem kanonischen Rechte des Bischofs, sämtliche Pfarrstellen zu besetzen und
den von ihm erwählten Geistlichen die Pfarrpfründe zu verleihen (Kollationsrecht).
Der Not gehorchend — es handelte sich ja bei den Patronaten oft um sehr mächtige
Herren — hat sich jedoch die Kirche mit diesem Institut abgefunden, indem wegen
der Stellenbesetzung ein Kompromiß geschlossen wurde: aus dem Besetzungs-
r esch t des Patrons wurde ein Praesentationsrecht: der Patron nannte
(nominatio) dem Bischof einen oder mehrere“) Bewerber, der Bischof behielt
das Recht, den vorgeschlagenen zu verwerfen oder zu bestätigen oder aus der Mehr—
zahl den ihm genehmen zu erwählen “). Der Patron behielt die Belehnung des
Erwählten mit der Pfarrpfründe, die Einweisung desselben in seine geistlichen
Rechte und Pflichten (die Investitur) dagegen verblieb dem Bischof. Bei
ziesem Kompromiß blieb dem Patron eine weite Möglichkeit, seine persönlichen
Wünsche inbezug auf die Person des Pfarrers zu befriedigen. Selbstverständlich
waren auch die Patronatskirchen der geistlichen Gerichtsbarkeit und dem allgemeinen
Aufsichtsrecht des Bischofs unterworfen.
In dieser rechtlichen Form fand die Reformation auch in unserm Lande das
Kirchenpatronat in mannigfachen Formen vor: Es gab hier ein Gemeinde-
patronat sowohl in Städten wie auf dem Lande, letzteres vor allem in Dith—
marschen und Eiderstedt: hier wurde das Praesentationsrecht durch die betreffenden
Gemeindeobrigkeiten ausgeübt. Es gab Patronate geistlicher Stif—
tungen, des Bischofs, des Domkapitels oder seiner besonderen Dignitäten und
der Klöster. Es gab sog. Privatpatronate, besonders in den adeligen
Gutsdistrikten. Es gab endlich, und zwar in nicht geringer Zahl landesherr—
lische Patronate. Hier handelt es sich 1. um Kirchen, die einst der Landesherr
gegründet hatte, 2. um Patronatskirchen solcher Gemeinden, welche dem Landes—
herrn später zugefallen waren, 3. um Erwerbungen, welche die Reformationszeit
brachte, vor allem die Patronatskirchen der säkularisierten Klöster, Bistümer und
Domkapitel “).
2) „Eigenkirchen“, „Eigentempel'““. Vgal. bes. U. Stutz, die Eigenkirche als Element
des mittelalterlich germanischen Kirchenrechts. Für das Patronat im allgemeinen vgl. R 23,
364 ff. und die kirchenrechtlichen Handbücher, für das Patronat in SH bes. den wertvollen
Artikel von Hedemann-Heespen in BuM«6, 21-262 und die dort S. 25 an⸗
— weitere Literatur. Eine vollständige Behandlung der s. h. Patronatsgeschichte steht
noch aus.
209) So hören wir von Eiderstedt, daß die Gemeindepatronate dem Bischof drei Priester zur
Auswahl praesentierten.
30) Sowohl die Wahl (electio) wie die Praesentation hatten also einen anderen Sinn als
den uns geläufigen.
2) Das Besetzungs⸗, bzw. Praesentationsrecht, welches der Landesherr an solchen Kirchen