Full text: 1517 - 1721 (2)

Das Kirchenpatronat 
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Als Erben der Episkopalgewalt haben die Landesfürsten das überkommene Pa⸗ 
tronatsrecht zunächst fast unberührt bestehen lassen. In der KO (S. 51 f.) wird 
„Prälaten, Adel und Städten ihre Herrlichkeit“, d. h. hier ihr Patronats- und 
namentlich das Besetzungsrecht „ungekränkt“ gelassen, nur mit der (auch in der alten 
Kirche selbstverständlichen) Einschränkung, daß der kraft juris patronatus „aus⸗ 
gewählte“ Kandidat dem Bischof zur Prüfung und Ordination „praesentiert“ wer— 
den müsse. Ja, das Patronatsrecht erhält hier insofern noch eine Ausdehnung, 
als für die Zukunft allein Städten, in denen kein Kloster das Praesentations⸗ 
recht besitzt, der städtischen Obrigkeit (dem Rat) dies Recht zugesagt wird. Auch 
die Verwaltung des Kirchenvermögens blieb in der Hand der Patronate. 
An sich freilich paßte das Institut des Kirchenpatronats in die neue Kirchen— 
gestalt ebenso wenig hinein wie in die alte, und es war natürlich, daß das landes— 
herrliche Kirchenregiment ebenso wie einst das bischöfliche die patronatische „Herr— 
lichkeit“ nach Möglichkeit immer mehr zu beschränken suchte, vor allem, nachdem 
das Fürstentum souverän geworden war. 
Zunächst jedoch konnte das episkopale Aufsichtsrecht der Landesherrn bei dem 
größten Teil der Adelskirchen, nämlich allen, welche nicht wie in Münsterdorf 
und Segeberg von vornherein einer Propstei unterlegt worden waren oder unter 
dänischem Kirchenrecht standen, aus Mangel an einem geeigneten Aufsichtsorgan 
einfach nicht ausgeübt werden. Infolgedessen war hier die patronatische Freiheit 
nach der Reformation gröseer denn vor derselben. Wir haben schon gehöört, wie 
dieser Freiheit und den aus ihr erwachsenen „Exorbitantien“ endlich durch die 
Errichtung zweier General-Superintendenturen sowie eines neuen geistlichen Ge 
richts und die Einführung jährlicher Visitationen ein Ende gemacht wurde (S. 
175 ff.)*). 
hatte, ist im Prinzip strenge zu scheiden von dem Besetzungsrecht, welches er als Rechts— 
nachfolger des Bischofs über die bisher vermöge seines kanonischen Kollationsrechts vom Bischof 
als solchem frei besetzten Stellen besaß. Allein das Prinzip ist später nicht genau innegehalten 
worden, und man hat sich daran gewöhnt das Pfarrbesetzungsrecht des Landesherrn ganz all 
jemein als ein patronatisches, die allgemeine Aufsicht über alle Kirchen des Landes 
dagegen als sein episkopales Recht zu bezeichnen. Diese Vermischung ist um so begreif— 
licher, als die Landesherrn ihr Patronatsrecht durch dieselben Beamten wahrnehmen liessen, wie 
ihr Epistopalrecht. Infolge der Vermischung ist die Erinnerung, bei welchen von den später 
„landesherrlich besetzten“ Stellen ursprünglich das Patronats-, bei welchen das bischöfliche 
Kollationsrecht bestanden hat, vielfach undeutlich geworden. Jedenfalls haben wir das Recht, 
bei der weiteren Behandlung der Sache als Patronatskirchen nur solche zu bezeichnen, welche 
nicht dem landesherrlichen Besetzungsrecht unterstanden. 
*) Nach einem von GS Klotz 16053 aufgestellten Verzeichnis waren der „gemeinschaftlichen“ 
Kirchenaufsicht unterworfen: 14 Kirchen in Schleswig, nämlich Vorne (GBoren), 
Calebye, Cappeln, Geltingen, Gettorf, Jellenbeke (Krusendorf), Kliple(v) und Quars, 
Norby (Rieseby), Schwansen (Karby), Johannesklosier zu Schleswig, Sehestedt, Sieseby und 
Waabs, in Holstein 29 Kirchen, nämlich: Barkau, Blekendorf, Bovenau, Elmschen— 
hagen, Flemhude, Giekau, Hagen in der Propstei, Hansühn, Hogenstein, Haselau, Haseldorf, 
Lensan, Lütgenborg, Lebrade, Nücheln, Nienkerken im Wagerlande, Oldenkrempe, Preetz, 
Sarau, Schlamersdorf, Schönwalde, Schönberg, Schönkirchen, Selent, Stellau, Sülfeld, 
Westensee, Woldenhorn. — In der Zeit der flarken Spannung zwischen Gottorf und dem 
Königshaus erhoben sich manche Streitigkeiten über die Frage, ob diese oder jene 
Kirche unter „einseitiger!““, königlicher oder fürstlicher, oder „gemeinschaftlicher“ Episkopalgewalt 
stehe. In solchen Fällen kam es dann vor, daß der visttieren wollende GS der einen Partei 
von der anderen gewaltsam an der Visitatien verhindert wurde. Weitläufige Bestimmungen 
Hamburger Vergleichs von 1711 haben sich mit der Beilegung dieser Streitigkeiten be— 
chäftigt.
	        
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