Full text: 1517 - 1721 (2)

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B. 2, K. 1, 9 19. Behörden und Gemeinden 
Dennoch entbehrten in lutherischen Landen, auch und 
geradein SHedie Kirchengemeindennichtallerkirchlichen 
Rechte. Diese waren freilich nicht in einer Verfassungsurkunde verankert, 
sondern lediglich in uralter Gewohnheit. Sie waren auch nicht für alle Gemeinden 
gleich, sondern gerade in unserm Lande, das sich ja stets durch eine ungeheure 
Mannigfaltigkeit seiner öffentlichen Einrichtungen ausgezeichnet hat, in den ver— 
schiedenen Gemeinden und Landschaften sehr verschieden. Im allgemeinen darf 
man sagen: die kirchliche Gemeindefreiheit ging genau so— 
weit wie die bürgerliche Freiheit und Selbstverwal— 
tung. Dieser Parallelismus war ja schon damit bedingt, daß in zahl— 
reichen Fällen das „Kirchspiel“ sich mit der bürgerlichen Gemeinde deckte. 
Wo also „von Arrilds Zeiten her“ eine starke bürgerliche Selbstverwaltung 
bestand, wie in den „Städten“ und in den Marschen, gab es auch nicht geringe 
kirchliche Selbstverwaltungsrechte; wo keinerlei bürgerliche Selbständigkeit mehr 
bestand, wie in den die adeligen Güter umfassenden Parochien, da waren auch die 
kirchlichen Gemeinderechte äußerst geringfügig. Wenn in den adeligen Gemeinden 
die kirchlichen Rechte fast ganz in den Händen der Patrone und Kirchspielsjunker 
liegen, so ist das wieder nur ein Beweis für den Parallelismus der kirchlichen 
mit den bürgerlichen Machtbefugnissen. 
Diese allgemeinen Sätze sollen jetzt durch eine nach Möglichkeit “) vollständige 
Darstellung dessen, was es in SHean kirchlichen Laienrechten und Fmtern gab, 
erläutert werden. Es dient der Verständigung, wenn wir mit letzterem beginnen. 
7. Die kirchlichen Laienämter in SH. 
Das weitaus wichtigste kirchliche Gemeindeorgan ist in der Kirche Schleswig— 
Holsteins (wie wohl in den meisten luth. Kirchen) das schon in der mittelalterlichen 
Kirchenform vorhandene Juratenamt. Es ist das einzige, das schon in der 
KO allgemein angeordnet wird “). Juratus bedeutet einen in Eid und 
damit feierlich in Pflicht genommenen Mann; der „Kerkenswaren“ (Kirchge— 
schworene) ist also ein Gemeindeglied, das einer Kirche (ecclesia als Einzel— 
gemeinde) zu bestimmten Diensten feierlich verpflichtet ist. Die Juraten sind 
niemals von der Gemeinde gewählt, sondern stets, wie sicher schon in katho— 
lischer Zeit, aus der Zahl der Parochianen von der kirchlichen Obrigkeit bestellt 
worden. Ursprünglich scheinen sie ihr Amt in der Regel lebenslänglich verwaltet 
zu haben. Später fand man, daß es richtiger sei, ihre Amtszeit zu begrenzen, 
auf drei Jahre (Kön. Verordnung vom 22. August 1042, CRHI, 455); noch 
später erkannte man, daß gerade bei diesem Amte eine gewisse Einübung und Er— 
fahrenheit nötig sei und setzte die Amtszeit auf sechs Jahre fest. In den adeligen 
Patronatsgemeinden wurden die Juraten vom Patron, in den Amtskirchen bei 
Wirkungskraft hergestellt hat, stammt nicht aus dem Luthertum, sondern aus dem Kalvinismus 
und den Sektenkirchen. 
37) Das „nach Möglichkeit“ muß gerade in diesem Stücke besonders betont werden. Micht 
nur die grosse Mannigfaltigkeit und Verschiedenheit, die auf diesem Gebiete in unserm Lande 
bestanden hat, sondern — für die ältere Zeit — auch der Mangel an Quellen machen diese 
Darstellung einigermassen schwierig. Es wäre sehr erwünscht, auch kulturgeschichtlich sehr er— 
giebig, wenn einmal jemand diese Dinge in einer umfassenden Monographie behandeln möchte. 
uk) S. 79: Ock schölen yn einem yeweliken Karspelstwe Kercken swaren gesettet 
werden.“ Die Zweizahl war Mindestforderung. Es hat später in vielen Gemeinden niehr als 
zwei Juraten gegeben, in Krempe z. B. sieben.
	        
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