Full text: 1517 - 1721 (2)

Kirchenlehre in der KO 
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Verständnis der Kirchenlehre, für das, was Luther als dem Worte Gottes ent— 
sprechend gelehrt hatte, und was die neue Kirchengemeinschaft vom „Papismus“ 
sowohl wie von den „Sakramentierern“ unterschied, lag eine symbolische Zu— 
sammenfassung noch nicht vor. 
Und doch fehlt es auch in der KO an bestimmten Normen für die zu 
verkündigende VLehre nicht. Sie stecken in den im 0. Artikel genannten 
„Büchern“ (S. 93 f.), „deren die Kirchherrn auf den Dörfern nicht entbehren 
können“. Diese Bücher erscheinen zunächst als das vorgeschriebene Mienimum 
an theologischer und praktischer Gelehrsamkeit der Pre— 
diger — das geht daraus hervor, daß sie nur für die Landprediger ausdrücklich 
vorgeschrieben werden: diese galten als die mindest gelehrten; ven den Stadt— 
predigern wurde vorausgesetzt, daß sie nicht nur diese, sondern auch weitere Bücher 
besässen und benutzten. Aber deutlich werden sie zugleich als Mor malbücher 
bezeichnet, als „gute und bewährte“ Bücher, deren sich die Prediger bedienen sollen, 
um von den „in diesen Zeiten“ so zahlreich erscheinenden „bösen“ Büchern nicht 
„vergiftet“ zu werden. 
Diese Normalbücher sind 1. die Bibel als die Quelle der wahren Frömmig— 
keit — gemeint ist natürlich mindestens eine niedersächsische Ausgabe der Luther— 
bibel. 2. Die Postillben Luthers?), natürlich auch in niederdeutscher 
Sprache, da sie ja von den zu selbständigem Predigen noch nicht befähigten Geist 
lichen zum Vorlesen benutzt werden sollten ( Ko S. 34). 3. Die Apologia Phi- 
lippi) „in der die Lehre des Evangeliums verteidigt wird, auch angezeigt ist 
(ostenditur) warum und was man glauben und lehren soll“. 4. Die loci 
communes Philippi, die bekannte dogmatische Frühschrift Melanchthons, von 
der es auch deutsche Uebersetzungen gab. Sie wird gekennzeichnet als das Werk, 
in welchem etliche „Orte“ der Schrift (Hauptschriftstellen), deren Kenntnis am 
aötigsten erscheint, abgehandelt werden. 5. Eine Auslegung des Katechismus) 
mitssamt dem kleinen Katechismus Luthers. 6. Die Auslegungdes 
29. Psalms durch D. Bugenhagen, zur Rechtfertigung der Kindertaufe und 
seelsorgerlichen Tröstung der Mütter, deren Kinder vor oder in der Geburt ge 
storben waren (MMi. S. 125)*). 7. „Der Unterricht der Misita— 
toren au die Pfarrer im Kurfürstentum zu Sachsen“, gewissermasten als all— 
) Gemeint ist die sog. Kirchenpost ilbe. Der in der KO sowohl wie in der Ord. 
gebrauchte Plural eptspricht dem älteren Sprachgebrauch in der Bezeichnung eines derartigen 
Predigtbuches (Mi. S. 115). 
2) Es ist nicht klar, ob unter diesem Titel die Augsb. Konfession, die ursprümglich als 
Apologie bezeichnet wurde, verstanden ist oder die später steits als Apologie bezeichnete grosie 
Schrift Melanchthons. Für das erstere stimmen ältere Historiker wie Lackmann (lI, S. 
383 s., Helv. efter Ref. l, ol und Lau S. 388, für das andere Rör dam und Mi— 
chelsen. Letzterer meint mit J-MilIll, 181, daß es sich um eine Ausgabe handelt, in der 
die Confessio mit der Apologia zusammengedruckt war. 
) Man sollte erwarten, daßñ hier Luthers Grosßer Kat. genannt wäre, von dem es 
schon 1529 eine niederdeutsche Uebersetzuna gab (Mi. S. 122). Diese mag ja auch vielfach 
in unserm Lande angeschafft und gebraucht worden sein. Aber die Väter der KO haben wohl 
noch weitere und vielleiht brauchbarere Katechismusbearbeitungen von der Zukunft erwartet. 
— Der kleine Kat. lag bereits seit 1829 mit dem von Bugenhagen besorgten Hamburger 
Kat. (vergl. S. 73) in der für unser Land erforderlichen plattdeutschen Form vor (Mi. S. 
120). Eine Meuausgabe dieser Form des Kat., in welcher unser s. h. Volk mindestens hundert 
Jahre lang sein Christentum gelernt hat, hat 1802 C. Mönkeberg Leranstaltet. 
5) Diese Schrift ist in der Ord. noch nicht genannt. Sie ist von Bugenhagen gerade in 
der Zeit der Abfassung unserer KO verfasit und ohne Frage auf seine Veranlassung ein- 
zgeschoben worden.
	        
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