Full text: 1517 - 1721 (2)

Luthertum in SH 
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dorum Melanchthons gelesen hatte, was sein Examinator, der Superintendent 
von Eitzen, mit grosiem Mißfallen bemerkte. So zeigte sich Peter Bokelmann 
als entschiedensten Lutheraner und Antiphilipristen. Hätte er die Verhandlungen 
über die Konkordienformel noch erlebt, so wurde das Gutachten der schleswigschen 
Theologen doch vielleicht etwas anders ausgefallen sein, als es nun dank der rein 
philippistischen Besetzung des Gremiums ausgefallen ist. 
An zweiter Stelle nenne ich unter den entschiedenen Lutheranern unseres Landes 
den jung (15605) verstorbenen Johannes Magdeburg, der von 1553 
bis 1503 Diakonus in Lunden war. Er war ein Bruder jenes Joachim 
Magdeburg, welcher wegen eines Spottgedichtes auf Melanchthon und die 
Wittenberger Philippisten auf Betreiben des damaligen Hamburger Superinten— 
denten Paul von Eitzen (1558) vom Rat jeines Dienstes entsetzt wurde. Jo— 
hannes Magdeburg war ein Schüler und junger Freund des eben genannten West— 
phal, und aus mehreren Briefen, die er an diesen aus Lunden geschrieben hat, 
und die wir heute in Sillems schöner Ausgabe des Briefbuchs Westphals 
lesen können“), ergibt sich, dasi er eine sehr wertvolle, tiefreligiöse, geistvolle und 
feurige Natur war — er gleicht insofern seinem späteren Nachfolger im Lundener 
Diakonat, Claus Harms. Wie tief ihm die Lehre von der Allgegenwart Christi 
am Herzen lag, erkennt man daraus, daß er das Bekenntnis zu ihr gleichsam als 
Etikette an den Anfang eines Briefes setzt. Sein Schreiben an Westphal vom 
April 1557 (Sillem S. 269) beginnt (in deutscher Uebersetzung) also: „Heil 
durch Jesum Christum, unsern einigen Erretner, allmächtigen Gott, Sohn des 
allmächtigen Vaters, der überall gegenwärtig ist, den die Sakra— 
mentarier nicht erkannt haben““). Wie tief dieser Mann in Luthers Lehre ein— 
gedrungen war, erkennt man daraus, daß er in der üblich gewordenen Lehre von 
der Mitwirkung der Menschen zu ihrem Heil einen Widerspruch gegen die von 
Luther in De servo arbitrio gelehrten abselaten Praedestination empfand und 
Brenzens tiefsinnige Spekulationen in sich auigenommen hatte. Tiefe Frömmig— 
keit und schönen Formensinn verraten seine Umdichtungen der Psalmen Davids in 
deutsche, nach bekannten Melodien singbare Kirchenlieder (Hamburg 15605)7). 
Wie dieser Diakonus von Lunden in seinem Pastor Jödecke einen Ge— 
sinnungsgenossen hatte, so ist überhaupt Dindmarschen die Gegend gewesen, 
in der strenges Luthertum noch am meisten zu finden war. Das ergibt sich auch 
aus den von Fehssse Machrichten von den Predigern Norderdithmarschens, S. 
393— 418) berichteten Lehrstreitigkeiten wegen des unglücklichen Küsters Egi— 
dius von Meldert in Wesselburen. Die dortigen drei Pastoren, unter 
welchen einer ein Sohn Peter Bokelmanns war, erwiesen sich dabei nicht als 
großzügige, sondern schon mehr als scholastisve und spitzfindige Anhänger der 
echtlutherischen Lehre. Auch der Lehrstreit zwishen dem Propsten Peter Boye 
und dem Diakonus Stephan Ramm in Meldorf über die Mitwirkung des 
Menschen bei seiner Bekehrung scheint in dem Gegensatz zwischen echtlutherischen 
und melanchthonischen Anschauungen begründe: gewesen zu sein, wobei der Dia— 
konus als der jüngere die ersteren, der Propst als der ältere die letzteren vertrat “). 
Vgl. dort S. 360, 367, 449, 478, 480. 
6) Sehr charakteristisch in demselben Briefe das Ur:eil des Mannes über Melanchthon, den 
ane einen im Punkte der Abendmahlslehre von irShberer besserer Erkenntnis Abgefallenen 
eklagt. 
7) Zehn Psalmen in Ph. Wackernagel „Deutides Kirchenlied Bd. IV, S. 340 ff. 
8) Vgl. Rolfs in BuR 7, S. 302 ff.
	        
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