Eitzens Theologie
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der Auffassung von Himmel und Hölle als begrenzter Oertlichkeiten strengstens
fest. Es klingt wie eine trübe Vorahnung moderner Verflüchtigung biblischer
Begriffe, wenn Eitzen in einem Gutachten inbezug auf die Auffassungen Brenzens
und Aegid. Hunnius schreibt: „Wie soll man hernacher predigen von der Taufe
unseres Herrn Jesu Christi, da sich der Himmel aufgethan? item: wie soll man
hernacher von der Auferstehung und Himmelfahrt Christi und von der Auferstehung
der Toten am jüngsten Tage predigen? Ach Gott vom Himmel sieh darein und
saß es dich doch erbarmen!“
922. Symbolische Feststellung der Kirchenlehre.
Die Firierung der in einer Kirche geltenden religösen Lehre hat sich je und
je hauptsächlich durch Kanonisation bestimmter Lehrschriften vollzogen, die wir
als Symbohle bezeichnen (Symbolum urspr. — Wahrzeichen, Kennzeichen).
So ist es in der alten Kirsche gewesen. Ursprünglich auf freie persönliche
Autorität (die Worte des Herrn und seiner Apostel) gegründet, fühlt die wachsende
Kirche das Bedürfnis, ihre gemeinsame Glaubensüberzeugung gegenüber anderen
Religionen und unechter christlicher Lehre in autoritativen Bekenntnis—
scheriffttein zu firieren. Im weiteren Verlauf werden dann diese Darstellungen
des christlichen Glaubens zu Glaubensregeln, zu Symbolen im strengen
kirchenrechtlichen Sinne, d. h. zu Formeln, an welchen entschieden werden kann,
ob jemand wahrhaft christliche Lehre führe oder nicht.
So ist es auch mit dem Luthertum gewesen. Zunächst bedarf es keiner
Sypmbole: es gründet sich auf Gottes Wort, wie Marlin Luther es gepredigt und
verstanden hat. Soweit es Symbole hat, sind es die altkirchlichen. An diesen
Suymbolen und den durch sie verankerten Hauptdogmen der alten Kirche (Trinität,
Zweinaturenlehre) hält die neue Glaubensgemeinschaft strenge fest, weis sich durch
sie mit der einen, alten, katholischen Kirche verbunden und beurteilt alle, die an
jenen Grundlehren rütteln, als Nichtchristen und strafwürdige Ketzer. Sié will
überhaupt keine neue Kirche sein, sondern die wiederhergestellte resormata), von
„papistischen“ Irrtümern und Mißbräuchen gereinigte eine alte Kirche dar—
stellen.
Allein, ob sie will oder nicht, sie wird tatsächlich doch zu eine Sonder
kirsche. Geschichtliche Umstände nötigen sie, die von ihr gewonnenen neuen
Glaubensüberzeugungen lehrmäßig darzustellen. Es gibt Confessiones,
Glaubensbekenntnisse, hier und dort, mit grösierer oder geringerer Autorität, in
denen die vom Papsttum, von andern reformatorischen Glaubensgemeinschaften,
von Anabaptisten und andern Schwärmern abweichenden Glaubensüberzeugungen
ausgesprochen und firiert werden. Diese spmbolischen Schriften des
Luthertums sind recht eigentlich das, was die lutherische Kirche als Senderkirche
konstituiert: in ihnen verfestigt sich lehrmäßig das Luthertum. Innere Lehrstreitig—
keiten nötigten sodann die lutherischen Landeskirchen, aus der Mielheit der „Be—
kenntnisse“ etliche zu kanonisieren, d. h. zu einer unverbrüchlichen Morm der
Kirchenlehre zu machen. Das Endergebnis dieser symbolischen Auswahl
ist das Konkordienbuch von 1880 . Erst durch Konkordienformel und Konkordien—
) Eine entsrrechende Entwickelung gewahren wir in den sog. „reformierten“ Kirchengemein
schaften, ja, man darf sagen: mit der zu Trident geschehenen genauen Firierung der Kirchen—
lehre ist auch die angeblich „katholische“ zu einer Sonderkirche geworden.