Lüneburger Mandat 1502
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den Landesfürsten als Regel und Richtschnur für die Behandlung religiöser und
theologischer Fragen gedient. Die Unterdrückung alles theologischen Eifers, die
theologische Friedhofsruhe, die wir nachher in SH und Dänemark finden, sind in
diesem Mandat ebenso deutlich vorgebildet wie die Abweisung der Konkordien⸗
formel und die Mandate Herzog Johann Adolfs und seines Sohnes (vgl. oben
S. 100 und 1085 f.).
Die Proklamierung des Lüneburger Mandats bedeutet die erste staatsrecht-
lhisch e Bindung des Konfessionsstandes unseres Landes an die Augsb. Konfession.
Eine gleiche finden wir in dem 1567 von allen drei Landesfürsten proklamierten
Dithmarscher Landrecht. Hier heißt es im J. Artikel, „dat alle Lerer
und Dener des Göttlichen Wordes in unsem Lande Ditmerschen in ehrer Lere
folgen schöllen der Evangelischen Prophetischen und Apostolischen Schrift des
Olden und Nyen Testamentes, der A. C. und Catechismo des Goͤttseligen
Mannes Doctoris Martini Lutheri, schöllen sick entholden alles Calvinischen
Wahnes und anderen mehr uth menschliker Vernunfft denn Göttliken Worde
herfletenden Disputationen, und allein by dem Worde eenfoldig bliven unde un—
nödige Hader und Gezencke vermiden“.
Eine fürstliche Feststellung der im Lande zu treibenden Lehre, also ein Symbol
im strengsten Sinne, das allerdings nur für einen Teil unseres Landes gesetzliche
Kraft gewonnen hat, finden wir in den seg. „Fremdenartikeln“ Kg.
Friedrichsvon 185696onk. S, 47 ff.).
Um zu verhindern, daß durch eingewanderte „Fremde“ die Einigkeit der Unter—
thanen in Lehre und Zeremonien gestört werde, publizierte König Friedrich II
am 20. September 1569 25 „Artikel“, nach welchen laut des gleich—
zeitig erlassenen Königlichen Mandats jeder Fremde, der in den königlichen
Ländern Wohnsitz und Bürgerrecht begehrte, von dem Superintendenten oder
Prediger des Ortes, an dem er sich niederlassen wollte, auf seine religiöse Stellung
geprüft (eramineret og overhöret) werden soll. Nur wer die vorgeschriebenen Ar—
tikel „im Ganzen wie im Einzelnen, in allen ihren Werten und Punkten“ gut—
willig annehmen und (durch Unterschrift) beschwören will, darf auf ein Zeugnis
des betreffenden Geistlichen hin von der Obrigkeit zugelassen werden. Wer sie
aber nicht annehme will, soll innerhalb dreier Tage nach seiner „Prüfung“ das
Land verlassen. Wenn sich nachträglich herausstellt, daß einer fälschlich die Artikel
beschworen hat und tatsächlich dagegen handelt, so soll derselbe ohne Gnade an
Leib und Gut gestraft werden.
Ihrer Form nach sind diese „Artikel“ Fragen, die in wohl stilisierter Ab—
wechselung lauten: „ob sie annehmen — glauben — bekennen — vor war achten
— dafür halten — gestehen — daß . . .“ Auf die Frage aber folgt dann jedesmal
eine kurze, aber sehr sorgfältige Formulierung des betreffenden locus doctrinae.
Sie sind also tatsächlich eine positive Darstellung der in dänischen Landen anerkann—
slen und vorgeschriebenen Religion, bzw. in ihrer Auswahl eine Darstellung der
wichtigsten und unerläßlichen Punkte dieser Religion. Die aller Wahrscheinlich—
deit nach von dem dänischen Melanchthon, Nikolaus Hemmingsen,
formulierten Artikel stellen also ein Symbol im strengsten Sinne dar, und zwar
ein Sondersymbolh der dänischen Kirchen.
Zu diesen Kirchen gehört neben Norwegen auch der königliche Anteil
von Schleswig-Holstein. Dasi die Fremdenartikel auch für diesen