Konkordienformel
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Einen neuen Aufschwung nahm es erst, nachdem Kurfürst August von
Sachsen die Entdeckung gemacht hatte, daß er von seinen Wittenberger und
Leipziger Theologen betrogen worden war, indem sie sich ihm gegenüber als gute
Lutheraner aufgespielt hatten, während sie in Wirklichkeit ganz echte Schüler ihres
Meisters Melanchthon waren, d. h. in der Abendmahlslehre und Christologie mit
den Kalvinisten übereinkamen. Es folgte ein furchtbares Strafgericht über die als
Kryptokalvinisten entlarvten Theologen (1574) und die Berufung Andreaes, der
als „starker“ und gut lutherischer Mann die befleckte Sächsische Kirche von aller
Irrlehre reinigen sollte. Diese Stellung gab Andreage Gelegenheit, seine Pläne
einer lutherischen Union aufs neue aufzunehmen, nun aber in der Form, daß
aller philippistischer Sauerteig gründlich ausgefegt
und hehblundreindieechteLehreLutherszumspmbolischen
Ausdruck gebracht werden sollte. Kurfürst August stellte ihm zu
diesem Zwecke seinen ganzen politischen Einfluß und seine Kanzlei zur Verfügung.
Ehe wir jedoch davon weiter handeln, haben wir von zwei sehr wichtigen Folgen
zu reden, welche die kryptokalvinistische Katastrophe in Sachsen in unserm
Norden auslöste.
Die eine war die Entdeckung König Friedrichs, daß er von seinen maßgebenden
Theologen ganz ähnlich wie sein Schwager August hinter's Licht geführt worden
war, und die Masregelung Hemmingsens, der mittlerweile ganz
offen mit einer kalvinisterenden Lehre vom Abendmahl hervorgetreten war“).
Die andere war, daß die Gottorpschen Lande eine eigene territorialkirchliche
symbolische Schrift bekamen, und zwar in der Gestalt des berühmten, von Eitzen
geschaffenen Predigereides von 1574 (Konk. S. 80- 08).
Da dieser Religionseid von 1574 bis 17574, also 100 Jahre hindurch von
den Predigern der Gottorffschen Lande hat unterschrieben werden müssen, ist er
wichtig genug, um hier von Wort zu Wort mitgeteilt zu werden).
Ick M. M. Prediger des hilligen Euangelij Jesu Christi, ordentlicher wisze dorch den willen
Gottes geeschet vnd beroren, swere byudem hitligen Mamen Gottes vnd sines Sohns Jesu
Christi, mines Erlosers, dat ick de hillige Gottlite Bibelsche Schriffte in allen puneten
artiteln vond worten holde vnd geloue warhafftich.
Thomandern, dat ich oct dat Arostolishe Sombolum vnd de anderen waren Sym
bola, welche van der hilligen allgemeinen Christlichen Kercken ünt approbert vnd angenamen,
bolde vnd gelbue warhafftich in allen Artickeln vnsers Christlichen Gelouens, vnd also ock van
dem Artickel der vntrenliken vereiniging der twier Naturen, Gottliker vnd Menschliker in
der einigen vngedelden Persenen Christi, welche vntrenlike vereiniginde keine tidt noch stede in
wicheit kan vrlosen und delen.
Thomdrudden, dat ick ock de Augsborgische Cenfsession, Anno 15 70 geschreuen,
samt der Apologia, Schmalkaldischen Artickelen vnd beiden Catechismis des hilligen Lehrers
Doctoris Martini Lutheri bolde und gelöue warhafftich.
Thom veerden und besonderen, dat ick ock de wortt mines Heren und Heilandes Jesu
Christi in sinem hilligen Auentmahll vnd Testament, nomlick: dat is min liff, welch vor pw
irrich: ju) gegenen wertt. ltem: dat is min bledt, des nien Testaments, welch vor vwevnd
der velen vorgaten wert thor vorgeninge der Sunde: holde vnd geloue warhafftig in dem
einioldigen waren verstande der klaren worite, nemlich, dat dat ware wesentliche Liff mines
Heren Jesu Christi, welhhes vor nuiy in den doedt am erutze gegenen is, vnd dat ware wesent
like Blodt mines Heilandes Jesu Christi, welches vor my vorgaten is, in dem hilligen Auent
mahll warhafftich sy iegenwardig, vnd warhafftigen vthgedelet werde an allen orthen der werldt,
dar dat hillige Auentmahl na der insettinge Christi geholden wert, vnd ock van allen Menichen,
6) Diese höchst interessanten Vorgänge können wir hier nicht näher verfolgen, weil sie srpeziell
das Königreich betreffen. Ich weise hin auf meinen Bericht in Kontk. S. 79 — 80.
7) Ich gebe ihn in seiner charakteristischen plattdeutschen Ursorm. Die beste hochdeutsche Form
.Konk. 207 fs. Die Sperrungen stammen von mir.
FJeddersen, Kirchengeschichte. V. II.