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B. 2, K. 2, 9 22. Symbole
konnten schon Anfang Juli versandt werden. Die Werbeschreiben an die Reichs—
stände, die im wesentlichen alle gleich lauteten, gingen vom Kurfürsten aus, der
außerdem seine Diplomatie in den Dienst der Sache stellte; Andreae, Selnecker
und für Niedersachsen Chemnitz übernahmen die Aufgabe, brieflich und mündlich
die „vornehmen Theologen“ der verschiedenen Reichsstände günstig zu stimmen.
Als einer der ersten unter den evangelischen Firsten empfing König Frie—
drich II. ein Exemplar des Bedenkens nebst Werbeschreiben (6. Juli)!). Gerade
an dessen, seines werten Schwagers Zustimmung war dem Kurfürsten sonderlich
gelegen.
Ganz unerwartet erhielt er jedoch eine Antwort (vom J. August), welche einer
runden Absage gleich kam. Als Hauptgrund seiner Weigerung gibt der König an:
eine Beurteilung des Bedenkens durch seine vornehmen Theologen werde allerlei
disputationes und Weitläufigkeiten erregen und so den wohltätigen consensus,
den er bisher in seinen Landen und Reichen durch geeignete Mittel aufrecht er—
halten habe, stören *).
Trotz einer nochmaligen Bitte des Kurfürsten, die auch von „Mutter Anna“
herzlich unterstützt wurde, blieb der König bei seiner Weigerung, das Torgauer
Bedenken überhaupt irgendwie zur Diskussion zu stellen.
Tiefbetrübt wandte sich der Kurfürst schließlich an den beiderseitigen Schwager, der
zugleich des Königs Schwiegervater war, Herzog Ulrich von Mecklenburg mit
der Bitte um seine Vermittelung. Dieser riet ihm, vorerst seine Bemühungen
einzustellen: der König „wolle in solchen Sachen nicht übereilet sein“.
Selbstverständlich galt die ablehnende Entscheidung des Königs auch für den
Königlichen Teil der Herzogtümer. Dessen vornehmen
Theologen, wie Propst Vorstius in Itzehoe, der für seine Person wohl zur
Annahme des Bedenkens zu haben gewesen wäre, ist also das Torgische
Buch überhauptnicht vorgelegtworden.
Auch den andern beiden regierenden Fürsten der Herzogtimer, herzog Jo—
hannid. A. und Herzog Adolf wurde ein Werbeschreiben sowie eine Ab—
schrift des Torgauer Bedenkens zugesandt, aber nur in einem Exemplar. Der—
selbe Bote überbrachte ein Schreiben Andreaes an Paul von
Eitzen, in welchem dieser sehr freundlich und dringlich ersucht wurde, mit Hand
an das große Werk zu legen und die Annahme des Bedenkens bei den Fürsten
zu befördern. Ganz wider sein Erwarten empfing Andreae eine sehr kühle Ant—
11) Merwürdigerweise haben weder Helveg noch Lau davon etwas gewusit. Erst
Rördam hat in K. 8S. Bd. VIl die Akten veröffentlicht. Vergl. Konk. S. lol ff.
12) Das Hauptmittel des Königs den consensus aufrecht zu erhalten war das strikte
Verbot abler Disputationen über theologische Fragen und insonder—
heit über das Altarsakrament. Schon in einem Reskript vom 26. Juni 1504 (Konk. S. 80)
hatte er dies Verbot ausgesprochen. Ob die theologische Friedhofsruhe, die sich so über des
Königs Lande ausbreitete, wirklich ein besserer Weg zum consensus war, als eine Annahme
der tatsächlich sehr guten Formeln des Torgauer Bedenkens, kann fraglich erscheinen. Was
nischt vom König ausgesprochen ist, sind die unkontrollierbaren Gegenminen, welche seine trotz
allem noch gut philivpistisch gebliebenen theologischen Ratgeber (unter ihnen besonders der
Bischof von Seeland Paul Madsen und der deutsche Hofprediger Knopf) gegen das Torgauer
Bedenken legten: diese benutzten die theologische Harmlosigkeit des Königs, um ihm die Ueber—
zeugung beizubringen, dast von dem einen Hemmingsen abgesehen alles in Dänemark auf bestem
lutherischen Fuße sei. Auch sein Statthalter in SH, der grosie Humanist Heinrich Rantzau,
war als persönlicher Freund Melanchthons ein schroffer Gegner des Unionswerkes, wie es
jetzt betrieben wurde.