Torgauer Bedenken, 15760
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wort, in welcher der nachhaltige ÄArger Eitzens über die ihm von Andreae zu—
gefügte „Veleidigung“ sich einen ziemlich groben Ausdruck schuf ( Komtk. S.
107- 110). Mittlerweile schlug Herzog Johann seinem Bruder vor, einen Kon—
vent der „vornehmsten Theologen“ für das ganze Land einschliesilich des
Königlichen Anteils zu veranlassen. Darauf ging Herzog Adolf jedoch nicht ein:
er berief vielmehr in der zweiten Hälfte des September seine eigenen Theologen
zu einem unter Vorsitz seines Sup. abzuhaltenden Konvent in Schles—
wig.
Dieser Theologenkonvent, der freilich für die schleswig-holsteinische Symbol—
geschichte bedeutsam genug war, ist von der bisherigen Geschichtsschreibung zu
einem förmlichen Synodus provincialis aufgebauscht woerden. Lau (S. 278)
und Jensen-Michelsen (III, 200) reden von 72, Muhlius lintro—-
ductio ad hist. Chers. Cimbr. p. 102) und Krafft (a. a. O., Vorrede
C 2 hb) von 77 Teilnehmern, ohne zu bedenken, dasi die Merkehrsverhältnisse da—
maliger Zeit eine so zahlreiche Versammlung äusierst schwierig machten und dasi
die „vornehmsten Theologen“ eines Fürstentums, denen nach der Sitte der Zeit
derartige Beratungen obzuliegen pflegten, selbstverständlich nur eine kleine Elite
der gesamten Geistlichkeit darstellten. Tatsächlich — das ergeben die Unterschriften
des Gutachtens — waren in Schleswig nur 18 Geistliche versammelt, eine ver
hältnismästig sogar sehr stattliche Zahl). Die Auswahl derselben wird durch
von Eitzen geschehen sein; wir finden unter ihnen die auch sonst als seine phi
lippistischen Freunde Bekannten.
Ueber die VWerhandlungen des vom 18. bis 21. September tagenden Konvents
ist nichts bekannt, erhalten aber ist das Gutachtender Theologen. Auch
davon gab es bisher nur höchst inkorrekte Ueberlieferungen. Es ist mir jedoch ge
lungen, das von Eitzens eigener Hand geschriebene Original im Dresdener Haupt
staatsarchiv aufzufinden. Ein genaner Abdruck ist Konk. S. 218-228 gegeben.
In diesem Gutachten bekennen die Gottorper Theologen ihrem Gewissen gemäsß:
J. Wie sie allezeit die jämmerliche Spaltung unter den evangelischen Theologen
beklagt haben, so werden sie sich herzlich freuen, wenn dieselbe einmal sollte auf
gehoben werden. 2. Sich fernhaltend von den ärgerlichen Gezänken, haben sie
nach ihrer Einfalt sich allezeit an die bisherigen lutherischen Bekenntnisschriften
gehalten. 3. Sie wollen auch künftig viel lieber einfach dabei bleiben. Da sie
nun aber einmal um ihr Urteil über die vorgestellte Schrift gefragt sind, müssen
sie bekennen, daß sie dieselbe zur Erbauungder Kircheund zur Auf:
richtung einer beständigen Einigkeit nicht für geeignet
halten, und zwar aus folgenden Grunden: J. Sie ist öberflüssig, insofern
die streitigen Artikel in den bisherigen Bekenntnisschriften, sowie in den Schriften
Luthers und denjenigen seiner getreuen Mitarbeiter (soweit dieselbenzu
seinen Lebzeiten verfaßtund vonihm s approbiert sind)
völlig genügend erklärt sind. II. Die Schrift ist schädlich, insofern sie nur
die Gezänke vermehren wird. Auch darf der allgemeinen Bekenntnisse in unsern
Kirchen nicht zu viel werden, sonst könnte schliestlich die Augsburgische Konfession
ihren Wert als masigebende Autorität verlieren. III. Manche schädliche Irrtümer,
die schon vergessen sind, werden durch die Besprechung in dieser Schrift zum Scha—
den der Gemeinde wieder aufgerührt. 1IV. Es sieht so aus, als sollte durch dies
Buch die arme Kirche mit den neuen, paradoren Lehren, die Brenz in seinem
uu) Die Zahlen 72, biw. 77 entstammen einem Druckfehler in Hospinians Concordia
discors (vcral. Kont. S. 1125., Anm.,).