Eitzens Privatkampf, 1577 - 79
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für die das Konkordienwerk patronisierenden Reichsfürsten eine schimpfliche Be—
leidigung. Als einziger sachlicher Gegensatz gegen die Formeln des Vergischen
Buches tritt Eitzens Ansicht über die lokale Erxistenz von Himmel und Hölle her—
vor, und gerade in diesem Punkt hatten Brenz und die Konkordisten Luthers
Autorität für sich.
Vermutlich würde von Eitzen nicht so rückhaltlos und schroff seine Meinung
über die Konkordie kundgegeben haben, wenn er ein größeres Forum vor Augen
gehabt und nicht lediglich an seine vertrauten Freunde in Kassel gedacht hätte.
Aber das Unglück wollte es, daß sein temperamentvolles Elaborat den konkor—
distischen Gegnern in die Hände kam. Landgraf Wilhelm, dem es in
seinem Kampfe gegen die Konkordie als ein sehr wirksames Mittel erschien, über—
sandte alsbald je eine Abschrift desselben an den Herzog von Anhalt und an den
Kurfürsten von Brandenburg, letzteres ohne Zweifel in der guten Meinung, daß
es geeignet sei, diesen noch in letzter Stunde von seinem Zusammenwirken' mit
dem Kurfürsten von Sachsen abzubringen. Der Anhaltiner hatte nichts
Vesseres zu tun, als auch seinerseits eine Abschrift an dieselbe Adresse zu senden.
Der Erfolg war jedoch gerade das Gegenteil von dem erwünschten.
Am 4. April übersandte Johann Georg von Brandenburg eins der
ihm zugegangenen Eremplare an Kurfürst August mit dem Bemerken, daß ihm
das Gutachten „ebenmäßiger Weise“ von Hessen und Anhalt zugegangen sei. Er
teilt mit, daß er eine vorläufige Antwort erteilt habe und schlägt vor, dasi eine
ausführliche gemeinsame Antwort von Andreae abgefaßtt werde.
In Dresden traute man seinen Augen kaum, als man unter dem Gut—
achten die Unterschrift des Schleswiger Superintendenten las. Man konnte es
gar nicht glauben, dasi der gute 1). Paulus solch giftig Machwerk von sich gegeben
habe. Der Kurfürst entbrannte ob dieser Verunglimpfung seines Lieblingswerkes
in höchstem fürstlichen Zorn und sandte sofort durch einen eigenen reitenden Boten
ein vom 9. April datiertes Schreiben an Herzog Adolf, in welchem er um Aus—
kunft ersuchte, ob D. Paulus tatsächlich die anliegende Schmähschrift verfastt habe.
Obgleich es der Stille Freitag war, als der Bote in Schleswig ankam, forderte
Herzog Adolf von seinem Superintendenten sofortige Auskunft über die
vom Kurfürsten gestellten Fragen.
Noch am Osterabend fertigte Eitzzen seinen untertänigsten Bericht. Er be—
kannte sich ohne Umschweife zur Verfasserschaft und betonte, daß er das Bedenken
ohne Vorwissen des Herzogs verfasit und abgesandt habe, um ihn nicht im ge—
ringsten in die Sache zu verwickeln. Gleichzeitig richtete er an den Kurfürsten
ein demütiges Entschuldigungsschreiben: rein von seinem Gewissen getrieben habe
er das Gutachten verfaßt; seine Churfürstliche Gnade wolle sich deshalben gegen
ihn armen unwürdigen Diener Jesu Christi zu Ungnaden nicht lassen bewegen,
sondern diese seine Resolution in Gnaden aufnehmen. Er ahnte offenbar nicht,
wie stark man in Dresden erzürnt war.
Herzog Adolf betonte in seinem Begleitschreiben, das das Bedenken weder
aus seinem Befehl noch mit seinem Vorwissen abgesandt sei; was darin geschrieben
—
nicht in den Merdacht ziehen, als wolle er sich absondern und Zwiespalt und Un—
einigkeit mehr als die geliebte Einigkeit gefallen lassen. Er rückte also deutlich
von seinem Sup. ab.
Vom Kurfürsten wurde nun Andreae beauftragt, das Schriftstück Eikens