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boten und den Pastoren und Schulleitern, die etwa dieses Buch bei sich finden
ließen, mit Amtsentsetzung gedroht wurde “).
Ja, der König ging noch weiter: er veranstaltete höchsteigenhändig an dem ver—
hastten Konkordienbuche ein Auttodafé, indem er zwei von seiner Schwester,
der Kurfürstin ihm als Geschenk übersandte, kostbar eingebundene Exemplare des—
selben in die Flammen eines Kaminfeuers warf).
Ebenso starr und unerschütterlich im Widerstand gegen die Konkordienformel
wie König Friedrich blieb auch sein geistlicher Kampfgenosse in den Herzogtümern,
Paul von Eitzen.
Nach wie vor bekämpfte er vor Hoch und Nieder, am Fürstenhofe wie vor
seinen Amtsbrüdern die brenzisch-aAndreaesche Christologie als
ketzerische Verunreinigung des alten, orthodoxen, christlich-katholischen Glaubens.
In einem merkwürdigen Schriftstück, das als eine den Ordinanden mitzuteilende
Belehrung anzusehen ist (Komnk. S. 278 f.), wird „der Brentianer Lere“, daß
der Himmel keine „gewisse Stete“ sei und von der communicatio idiomatum
in völlig gleicher Wertung mit „der Calvinisten Lere“ als grundstürzender Irrtum
m Mamen der „rechtschaffen Lutterischen“ verworfen.
Ebenso beharrlich wie bei seiner Verwerfung der „Brentianer“ blieb Eitzen
bei der Abweisung „ihres“ bergischen Buches und bei seiner Meinung, daß Me—
lanchthon namentlich in der Lehre vom Abendmahl rechtgläubig geblieben sei.
72 Jahre alt disputierte er am 29. August 1893 im Dom zu Schleswig mit
dem Konkordienfreunde Conrad Schlüsselburg, Bischof von Ratze
zurg, über die Konkordienformel““), und unter seinen ungedruckten Schriften be—
'and sich nach Mollers Zeugnis (III, 235) eine „Defension und grundlicher Be—
richt, daß Phil. Melanchthon niemals der Caluinischen Lere zugethan gewesen,
wie ihm das Bremische A. 1590 ausgegangene Buch Schuld giebt, sondern daß
er, sonderlich in der Lere vom H. Abendmal, bis an sein Ende mit Luthero und
unserer Kirchen einig blieben sey.“
Aber wenn Eitzen auch die Konkordienformel verwarf, so war er doch in viel
zu hohem Grade ein streng orthodorer Kirchenmann, d. h. von der Notwendigkeit
einhelliger und rechter Lehre „in allen Punkten und Artikeln“ viel zu stark durch—
drungen, als daß er nicht eingesehen hätte, daß nach den in den letzten Jahrzehnten
aufgekommenen grundstürzenden Irrtümern ihre kräftige „Verlegung“ und maß—
gebende Entscheidungen in den betreffenden Artikeln durchaus notwendig seien.
*n) Wortlaut des Edikts s. in Rördams Danste Kirkelove Il, 322f.
) Dast ein „fremmer“ Monarch an dem geliebten Buche solchen abscheulichen Frevel be—
jangen haben sollte, war den späteren Lutheranern natürlich einfach unglaublich: nicht nur
Hütter in seiner Concordia concors (c. XXXV, p. 250 h), sondern auch die Dänen Broch-
mand und Arnkiel haben es in Abrede stellen zu können geglaubt. Um das Jabr 16090 herum
kämpfte der lutherische Kopenhagener Theolege H. G. Masins in dieser Sache mit den
reformierten Professeren Sam. Andrege in Marburg und J. C. Becmann in Frankfurt a. O.
Im Jahre 1716 hat unser Landsmann, Hermann von Elswich aus Rendsburg,
damals Professor in Wittenberg und später Pastor in Stade, ein 74 Quartseiten starkes Buch
»erausgegeben, in welchem er mit stupender Gelehrsamkeit jenes Gerücht als eine historische
Fabel nachweist. So hat man es denn noch bis in die heutige Zeit als etwas zum mindesten
Zweifelhaftes behandelt. Selbst Helvegel, S. 216, und Lal'u, S. 300, meinen, daß die
Sache sich nicht zur Gewisiheit erbeben lasse, und Jensen-Michelsen sagen noch 1877
Ihl, 212): „Er solhl ein ihm zugekommenes Eremplar sogar ins Feuer geworfen haben.“
Aber die Tatsache steht dokumentarisch fest: im Archiv zu Marburg habe ich
ein Schreiben des Königs gefunden, in welchem er mit einem gewissen Behagen dem Landgrafen
seine Untat mitteilt (VWal. Konk. S. 180 ff. 277).
21) Vgl. dessen Theologia Calvinistarum, deutsche Ausgabe S. 133f.