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B. 2, K. 2, 9 22. Symbole
Im Königlichen Anteil ist die symbolische Entwickelung anders als
im Gottorfschen, man möchte sagen: einfacher verlaufen. Hier gab es keinen
Kirchenfürsten, der wie Eitzen auch als Kirchenvater aufzutreten, d. h. seine
Sondertheologie der Gesamtkirche aufzudrängen unternahm. Hier war wie im
Königreich während der entscheidenden Zeit den Theologen das Maul verbunden;
allein der königliche Wille entschied darüber, welche Schriften als Symbole zu
werten seien. Deshalb ist hier nie versucht worden, die Schmalk. Artikel zu ka—
nonisieren; hier blieb man bei dem einen Hauptsymbol des Luthertums, das
auch staatsrechtlich allein anerkannt war, der Conf. Augustana, die aller—
dings stets in Verbindung mit der Apologia gedacht war. Nur den kleinen
Katechismus Luthers hat man hin und wieder als Symbol gewertet. Wenn
das Fehlen der Schmalk. Artikel als echt lutherischer Auslegung der NAugustana
als ein Manko erscheint — in der Tat hat sich der Hemmingsensche Philippismus
unter dem breiten Dach der Augustana wohl fühlen können, zumal da die in-
variata, die Ausgabe von 1530, erst später als allein masigebende Form erklärt
worden ist — so steht dem als ein Plus gegenüber, daß hier auf der anderen
Seite keine kirchliche Behörde den „Antibrentianismus“ als Kirchenlehre vor—
Jeschrieben hat. War also auch das Konkordienbuch hier verboten, so stand
man doch der Theologie der Konkordienformel hier freier und weniger ge—
hindert gegenüber. So erklärt es sich, daß diese im Königreich und im Königlichen
Teil früher als im Gottorfschen durchgedrungen ist.
Da noch während unserer ganzen Periode im Königlichen Teil die Ordination
nicht einheitlich von einem GS, sondern von den verschiedenen Königlichen Pröp—
sten verrichtet worden ist, so hat auch der Ordinationseid verschiedene
Formen gehabt. Einig sind alle Formen nur darin, daß allemal als verpflichtende
Symbole Augustana und Apologia genannt werden. Als eine der ältesten
Formen des im Königlichen Anteil beschworenen Religionseides teile ich diejenige
mit, welsche Propst Vorstius in der Herbsttagung des Mün—
sterdorfer Kalands von 1587 seinen Amtsbrüdern auferlegt hat *)
Sie lautet:
„Gade deme Almechtigen und mynem Erlöser Ihesu Christo, vnd dyssem löfflichen con-
ventui laue ick M. M. dat vck dat hyllige gödlike Word yn rechtem reynem vörstande, wo
odt in der Consessione Augustana vnd dersuluen Apologia vörfatet, vnd un dessen
Kerken vih der gnaden Gades geprediget werth, slitig wyll predigen, ock de hnllige Sacramente
aha der pnnsettinge Jesu Christi myt gelikförmigen desser kerken Ceremonien wyll vörrichten,
ond der vpgerichten vnser Kerken ordeninge vn allen my gelikförmig vörholden. — Wyll ock
keyne schwermerische opiniones edder seeten, ydt syn Wedderdöper, Sacramenterer edder
andere foueren efte approberen, noch einige nve vnd vnnötige disputlationées moueren. Wyll
ock nenen Zanck noch vneinicheit vn der lehr edder vm levende inter frabres errögen, noch tho
keyner rotteringe edder vneinicheit einige orsuke geuen, sonder dat Götlike word vnanimj con-
eensu cum fratribhus lehren. fredlich leuen vnd gemeyne eindracht helpen forderen“
Sehen wir nun noch einmal auf den Gang, den die symbolische Entwickelung
in unserm Lande genommen hat, zurück, so haben wir mit Bedauern zu konstatieren,
dasi unser Land ebenso wie Dänemark vermöge der Ablehnung der Konkordien—
formel im Gefüge des Luthertums eine gewisse Sonderstellung eingenommen hat,
derart, daß der dänisch-holsteinische Konfessionsstand von den „echt“ lutherischen
Nachbarkirchen vielfach als nicht voll und echt lutherisch angesehen worden ist.
Aber ebenso sicher darf man feststellen, das die Ablehnung der Konkordienformel
von Dänemark-Holstein selber zu keiner Zeit als Abscheidung vom Luthertum ver—
32) Zu finden in dem Münsterdorfer Kalandsbuche S. 101 (Propsteiarchiv Itzehoe).