Full text: 1517 - 1721 (2)

B. 2,. K. 2, 9 23. Wahres Christentum 
Ihr erster Urheber ist unbestritten der GS von Celle, Johann Arnd 
(f 1021). Seine vier Bücher „vom wahren Christentum“ (zu— 
erst erschienen 1005) haben im evangelischen Deutschland eine ungeheure Ver— 
breitung gefunden und eine unermeßliche Wirkung ausgeübt. Der Bund, der in 
diesem Buche zwischen dem lebendigen Bibelwort, dem echten Luthertum und der 
Innerlichkeit der mittelalterlichen christlichen Mystik geschlossen worden ist, war 
gerade das, was das Sehnen und Streben aller ernstgerichteten Christen der Zeit 
erfüllte. 
A'uch in unserm Lande sind die Einwirkungen Arnds 
zu spüren. Wenn, wie bekannt, die Rostocker Fakultät vor allen andern das 
lebendige und reformfreudige Christentum pflegte und die Theologiestudenten un— 
seres Landes hauptsächlich gerade diese Universität aufsuchten, so kann es gar nicht 
anders sein, als daß Arnds Geist auch in der Pfarrerschaft unseres Landes seine 
Wirkung geübt hat. Den Umfang dieser Wirkung können wir allerdings nicht 
feststellen; allzugroß wird die Zahl der wirklichen Jünger Arnds unter der Geist— 
lichkeit nicht gewesen sein. 
Fest steht, daß ein so bedeutsamer und führender Mann wie Propst Frie- 
drisch Dame in Flensburg von Arnd stark beeinflußt gewesen ist und in dessen 
Geiste mit Ernst auf Beweisung des Glaubens in der Tat und Wahrheit ge— 
drungen hat. In Dames Geschlecht und seiner Stadt hat das „wahre Christen- 
tum“ eine besonders gute Heimstätte gefunden ). 
Insonderheit aber kann SH stolz darauf sein, daß es einen Mann hervor— 
gebracht hat, der so echt wie kaum ein anderer als Arnds Jünger bezeichnet werden 
darf und der mit Recht als „der Arnd der Nordmark“ (Arndius Cimbriae, 
Moller) gepriesen worden ist. Das ist der Pastor von Nortorf, Paulhus 
Egardus EWggert). 
Von seinem Leben ist wenig bekannt. Selbst in Nortorf finden sich kaum 
noch irgendwelche Erinnerungsspuren. Er war 1579 in Kellinghusen geboren 
») Friedrich Dame, geb. 22. Juli 1567 zu Flensburg, besuchte die Lateinschulen da 
selbst und in Herlufsholm auf Seeland, die Akademien von Rostock und Frankfurt a. M., wo 
er 1590 den Magistertitel erwarb. 1592 Rektor in Itzehoe, 1894 Diakonus und 1000 Pastor 
an St. Nicolai, ward er 1604 als Nachfolger von Thomas Schattenberg Propst des Amtes 
Flensburg. Beide Aemter bekleidete er bis zu seinem Tode, 18. Dezember 1035. Als rein 
in der Lehre wie im Leben hat er grosises Ansehen genossen. Von seinen asketischen Schriften 
ist besonders hervorzuheben „Vier Büchlein vom Alten und Neuen Menschen“ (Lübeck 1032). 
Obgleich zum theologischem Streite wenig geneigt, hat er doch in zwei Fällen als Vertreter 
reiner Lehre gegen „Irrlehrer“ aufzutreten sich verpflichtet gefühlt, einmal gegen Teting und 
Genossen (s. unten) und sodann gegen den Flensburger Konrektor Mag. Jach Neubauer, 
der in einer öffentlichen Schrift geläugnet hatte, daß den Frommen die Auferstehung nur durch 
Christi Tod und Auferstehung zu teil werde Dialoßsus de Resurrectione mortuorum, an 
ad legem an vero ad Evangelium pertineat, Hamb. 1027). Dames Enkel, Fr. 
Vreckhing, hat seinen Grosivater zu den „Zeugen der Wahrheit“ gezählt. Ebenso tessen 
Sohn, den Pastor von Oeversee, Hinrich Dame (f 16070), der das Verdienst hat, das 
schlimmste Laster seiner Zeit kräftig bekämpft zu haben („Kurtzer ... Unterricht vom Saufen 
und Trunckenheit“, Celle 1040). Ein Urenkel von ihm war der fromme Rektor Johann 
Möller, der am Schlusse seines Artikels über den Urgrosvater (Cimbr, litt. 1, 125) 
schreibt: „O daß er darin (in dem Eifer für die Besserung des Lebens in der luth. Kirche) 
alle anderen Eiferer als Nachahmer hätte, von denen so wenige darum besorgt sind, die inneren 
Mängel der Kirche, welche denen, die sie verlassen wollen, einen so trefflichen Vorwand an die 
Hand geben, zu beseitigen, desto mehrere aber die Reinheit der Lehre, welche sie hüten wollen, 
durch ungezähmten Eifer oder zügelloses Leben, entehren und beflecken!“ In Dame und seiner 
Nachkommenschaft erkennen wir eine Familie, in welcher der Geist der Arndschen Frömmigkeit 
sich durch Generationen hindurch erhalten hat. — Lit eratur zu Dame vgl. bei Arends 
1. 193
	        
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