Full text: 1517 - 1721 (2)

P. Egard, Moritz Rachel 
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„Haufen“. Der erste Haufe begreift in sich die Superciliosos Censores, 
d. h. diejenigen, welche jedes Wort Arnds mißgünstig betrachten, um daraus eine 
Heterodoxie zu schmieden — ihnen gegenüber wird dessen Orthodoxie durch die 
Zeugnisse bewährter Zeitgenossen bewiesen. Der zweite Haufen sind die Dolosi 
Seductores, d. h. die Irrlehrer und Schwärmer, welche sich auf Arnd berufen, 
um ihre eigenen Irrlehren mit dem Mantel rechter Lehre zu bedecken. Der dritte 
sind die Ociosi Laudatores, die Leser, die ihn loben, aber nicht nach seinen 
Worten tun. Der vierte endlich sind die Operosi Sectatores: die ihn lesen 
und seine Lehren in der Tat befolgen. — Ueber Rachels Schrift liegt nicht dieselbe 
geistliche Weihe, die wir bei Egard empfinden; er ist mehr der Volkserzieher, der 
derbe und treffend die moralischen Schäden seiner Zeit geisielt. 
Rachel hat seine Schrift zwei vornehmen Männern, dem Landkanzler D. Theo— 
dor Busse und dem früheren Amtmann auf Schwabstedt Marquardt Georg-Angel 
als besonderen Liebhabern der Schriften Arnds gewidmet. So erfahren wir zu— 
fällig von zwei Laienfreunden Arnds und dürfen schließen, daß diese unter den 
„besseren Leuten“ unseres Landes doch nicht allein gestanden haben. 
3. Schwärmertum in SH. Der Tetingsche Kreis. 
Neben die von Arnd entfachte innerkirchlische Bewegung tritt in der 
ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts ein neues antikirchliches Schwär-— 
mertum. Nicht nur Johann Arnds, sondern auch die seit 1614 gedruckten 
Schriften Val. Weigels und die wieder hervorgezogenen des alten 
Schwenkfeld wurden gerade von den ernsten gebildeten Laienchristen stark 
gelesen. Der üble Zustand der lutherischen Kirchen, in welchen eine hierarchisch 
gesinnte Geistlichkeit ein neu-päpstliches Regiment führte, ohne doch durchweg ein 
wahrhaft christliches Leben weder selber zu führen noch bei den „Zuhörern“ her— 
vorzurufen, gab der ernsten Laienfrömmigkeit einen antikirchlichen Zug. Die 
Ahnung der kommenden Not, die als eine Strafe Gottes über die entartete 
Christenheit erschien, erweckte eine neue Eschatologie, und eine ganze Schar von 
mehr oder minder erleuchteten Profeten standen auf und warfen ihre aufregenden 
Offenbarungen unter das Volk. 
Von diesem neuen Schwärmertum ist auch unser Land berührt worden. 
Zunächst so, daß verschiedene grosdeutsche „neue Profeten“ auch in SH gewirkt 
haben. So fand sich 1622 Mag. Philipp Ziegler in Schleswig ein und 
suchte den Generalpropsten Fabricius für sich zu gewinnen (Krafft S. 414 f.). 
Der bekannte Paul Felgenhauer machte in Lübeck und Umgegend durch 
seine Schriften der dortigen Geistlichkeit viel zu schaffen. Dazu kam, daß in 
Eiderstedt und Umgegend Da vid Joris Schriften heimlich stark verbreitet 
waren. So ist es denn kein Wunder, daß auch in unserm Lande selber etliche 
„neue Profeten“ aufgestanden sind. Diese holsteinischen Schwarmgeister sind zwar 
in der großdeutschen Kirchengeschichte ziemlich unbeachtet geblieben, haben aber 
unserer Heimatkirche Not genug gemacht und verdienen als wertvolle religiöse 
Persönlichkeiten wohl, in einer heimatlichen Kirchengeschichte ausführlich besprochen 
zu werden. Wir denken zunächst an die durch TetingundseineFreunde 
erregte Bewegung. 
Der führende Mann in dieser kleinen schwärmerischen Gemeinschaft war der 
in Husum geborene Micolaus Teting, auch Knutzen genannt. Wir wissen 
von seinem äußeren Lebensgang wenig 7). Fest steht, dasß er vor allem in Leiden 
7) Vgl. Moller l, 0677 ff.
	        
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