GS Reinboths Thesen
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mußte gehorchen. Er reiste nach Rostock und erhielt von D. Joh. Quisdorp sen.
den Rat, „de Catechesi etwas zu schreiben“. Er folgte dem Rate und verfaßte
eine aus 215 Thesen bestehende Disputatio inauguralis „de Catechesi
veterum'“ (Rostock 1045), welche bei der Disputation, 17. Juli 1045, all—
gemeines Lob erntete “). Trotzdem er meinte, gerade mit solchem Thema „nichts
neues, buntes und krauses zu machen“, sondern bei einer in der luth. Kirche
allgemein anerkannten Meinung (daß der Katechismus alles zur Seligkeit nötige
enthalte) zu bleiben, ereilte ihn doch das Verhängnis, wegen einiger Thesen nach—
träglich des Synkretismus beschuldigt zu werden. Unglücklicherweise nämlich fing
man gerade im gleichen Jahre insolge des Thorner Religionsgesprächs an, Calixt.
den man bisher nur wegen anderer Ketzereien (z. B. daß die göttliche Dreieinigkeit
im A. T. nicht direkt gelehrt sei) getadelt hatte, des Synkretismus zu beschuldigen
und seine Meinung, daß das Symb. Apost, alles zur Seligkeit nötige enthalte,
in Zweifel zu ziehen. Nun entdeckte man (vier Jahre nach seiner harmlosen
Doktordissertation!), daß auch Reinboth ähnlich wie Calixt gelehrt habe.
Während nämlich seine sonstigen Thesen sich fast rein auf historisch-patristischem
Gebiete bewegen und recht zutreffend ausführen, wie im kirchlichen Altertum die
Katechese (der Unterricht der einfachen Gläubigen) gehandhabt wurde, offenbart
er in These 83 — 85 Meinungen, die, sobald man sie ins Licht der nun ent—
brennenden Streitigkeiten rückte, allerdings mit gewissem Rechte als „synkretistisch“
gewertet werden konnten.
In These 83 führt er aus, wie alle zwischen Papisten, Kalvinianern und
Lutherischen entstandenen beklagenswerten Streitigkeiten gemindert, wenn nicht
gar aufgehoben werden könnten, wenn man statt künstliche theologische Begriffe
einzuführen sich einfach an die Ausdrücke des Katechismus halte. Dabei beruft sich
Reinboth ausdrücklich auf die diese Materie berührenden Worte Calixts lin re—
sponsione ad Moguntinos p. 94) und preist ganz harmlos diesen Mann
als feinsinnigen Gelehrten).
These 84 besagt: Es gibt viele Streitigkeiten, welche nicht nur nicht in Gottes
Wort unmittelbar begründet sind, sondern auch durch unendlich vermehrte Folge—
rungen nicht aus ihm hergeholt werden können. Würden diese beschnitten und
durch katechetische Streitigkeiten (d. h. Kämpfe um die einfachen Katechismus—
wahrheiten) aufgehoben, so würden wenig Meinungsverschiedenheiten unter den
Christen übrig bleiben, neque nos, qui consessionem Catecheticam edidi-
mus, haereseos accusabunt Pontificii, neque nos deserent Refor-
mati. — Noch bedenklicher (im Sinne der Orthodoxie) als diese These ist
These 85: Alles Zweifelhafte im religiösen Streit wird klar werden, wenn wir
die Katechismusworte nehmen, wie der Buchstabe lautet lut litera sonat).
Dadurch in der Hauptsache per quod caput) würdena us Photinianern
(Sozinianern) Christen, aus Papisten Katholiken, aus Kal—
vinianern Lutheraner,alle Brüderundeinerin Christo
werden. Denn es sei ferne, daß solche, die im Katechismus übereinstimmen,
d. h. in der Lehre, welche ohne Zweifel das ewige Heil (uns) weist, und durch
deren Befolgung wir des ewigen Lebens teilhaftig werden, für Ketzer (im Sinne
der Schrift) zu achten seien, da Ketzerei direkt die Seligkeit ausschliestt und von
Christo scheidet.“
) a. a. O. S. 2 und 3.
9) In dem mir vorliegenden Eremplar der Disputation findet sich bei dieser These die hand—
schriftliche Bemerkung: Consentit cum Helmstadiensibus, Drejero et Behmio Regiom.