Reinbothe im Abwebrkampf
eins hat auswischen wollen. Lonner sagt da nämlich, daß wir (Lutheraner) unsern
Glauben bekennen müssen „n icht et wa nach den Worten allein,
wiesie anihnenselbst lauten (auff diese Weise haben sich offtmalen
die ärgesten Ketzer mit den herrlichsten Symbolis geholfen und dieselben den
Worten nach angenommen . . .) sondern die Glaubens-Artickul . . . im rechten
Prophetischen Apostolischen Verstand deuten und auß—
bhegenmüssen“.
Das war völlig Dannhauerisch geredet und direkt gegen die Ansicht Reinboths,
daß man, um Streitigkeiten auszuschließen, bei dem schlichten Wortverstand
(ut litera sonat) der Glaubensartikel bleiben müsse. Ein Klotz hätte bei solcher
Entdeckung sicher die schon gedruckte Predigt einstampfen lassen — der allzu
liebenswürdige Reinboth fand den Ausweg, die Predigt so zu lassen wie sie war,
ihr aber statt eines kurzen empfehlenden Vorworts in Form eines liebenswürdig
gehaltenen „Briefes““ an den Herrn Propsten eine lange (02 Quartseiten! Die
Predigt kommt nur auf reichlich 30) Abhandlunng voranzuschicken, in der er,
die Differenz mit Lonner nur kurz streifend, seine Thesen vom Wortverstand des
Symbols gegen die vor vier Jahren geschehenen Angriffe verteidigt. Mit voller
Ueberzeugung und nicht ohne Geschick, leider aber, wie in allen seinen Arbeiten,
in einem geradezu abschreckenden Gelehrtenstil und Lateindentsch, verficht er hier
seine These, daß das Symb. Apost, ein voll genügender Ausdruck des einigen,
zur Seligkeit nötigen Glaubens der Christenheit sei, und sucht den namentlich
von Dannhauer gemachten Versuch, das Symb. Apost, zu „ertendieren“ (aus—
zuweiten) ad absurdum zu führen“). So erschien denn diese sonderbare Zu—
sammenstellung Reinbothscher und Lonnerscher Gedanken unter dem Titel „Ton-
ningensis Ecclesiae Evangelicae Concordia ... das ist Wohlgegründete
Lehr- und Vnterweisungs Predigt von der wahren Evangelischen Kirchen wahrer
Einigkeit“, Schleßwig im Jahre 1654).
Sofort meldete sich Dannhaucer wieder. In einer Vorrede zum 6. Teile
seines großen, geist- und lebensvollen Predigtwerkes („Katechismusmilch“, Straß—
burg 1657) zog er wieder gegen Reinboths Thesen los. Dadurch ließ dieser sich
bestimmen, eine besondere „Schutz rede““ von 104 Quartseiten (Schleßwig
16057, gedruckt durch Johan Holwein) herauszugeben. Indem er sich hier nicht
nur gegen die von Kühn und Dannhauer erhobenen Anklagen, daß er dem Sozinia—
nismus, ja dem Atheismus die Bahn bereitet habe, kräftig verteidigt, sondern
auch gegen die Dannhauersche Forderung einer „Ertension“ des Apostolikums
angriffsweise vorgeht, entsteht eine regelrechte theologische Streitschrift. Zwar ist
In seinem Sigalio batte Dannhauer, um zu zeigen, wie verschieden der Verstand des
Spmmbolums bei den verschiedenen Konfessionen sei, drei „ausgeweitete“ Formen desselben, eine
papistische, eine kalvinische und eine „evangelische““ (lutherische) gegeben, die sich mit ihren
spitzfindigen, in die schlichten Worte des Symbols eingeschobenen theologischen Ausdrütken
sonderbar genug ausnehmen.
v) Anmerkenswert ist noch die Art, in welcher Reinboth sich (kol. g8) über sein Verhählt-
nis zur Korkordienformel ausspricht: „Ich meines theils bin nicht in einiger
Glaubenslehre wider die Formulam Concordiae (wie auch von meinen Herren Collegen vnd
hohen Freunde Ihrer Köniql. Maj. Generalsuperintendenten vnd allen Praepositis vnd
Pastoribus ich nicht anders weiß) dasi wir aber alle die verdammen sollten . .. vnd etwa
mit denen die Christi Leib an allen Orten / außer dem Sacrament / nicht in der Schrifft
vnd Patribus' so helle als eine nötige Glaubenslehre auffgezeichnet finden könten / nicht
den Kirchenfrieden wolten halten / daran zweiffele ich.“ Man sieht aus dieser Aeusierung,
daß auch in unserm Lande die Konkordienformel als „rechter Lehre“ damals allgemein anerkannt
war (vgl. S. 292), daß aber Reinboth selber nicht ihr freudiger Bekenner und insofern
kein echter Lutheraner war.