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B. 2, K. 2, 9 24. Synkretismus
dings rein auszusprechen noch nicht imstande waren, ist es eine neue und bessere
Darstellung des biblischen Christentums. Deshalb schätzen sie gerade die luthe—
rischen Sonderlehren so hoch und lehnen eine Verständigung mit dem Katholizis—
mus durchaus ab. Welche Partei deshalb in höherem Sinne als wangelisch
zu achten sei, scheint mir trotz der fast ans Groteske grenzenden Ueberspitzung der
theologischen „Genauigkeit“ der hochlutherischen Orthodoxie keine Frage zu sein.
Damit soll aber nicht geleugnet werden, daß auch de Synkretismus wert—
volle und heute doch ziemlich allgemein anerkannte Wahrheiten vertreten hat. Wor
allem, daß er zwischen Religion und Theologie unterschieden und eine einfältige,
jedem Laien verständliche Lehre gefordert hat. Aber auch seine Auffassung, daß es
für eine brüderliche christliche Gemeinschaft nicht notwendig ist, daß alle Glieder
bis in die letzten Konsequenzen in der Lehre einig seien. Damit hat er den theo—
logischen Differenzen, die immer bleiben werden, den Stachel genommen, durch
welchen sie in der Orthodoxie des 17. Jahrhunderts so trennend und verbitternd
wirkten, und die Annäherung zunächst zwischen Lutheranern und Reformierten,
die so oder so seit jener Zeit erfolgt ist, vorbereitet.
Daß bei der Auseinandersetzung zwischen Synkretismus und Orthodorie auch
unser Land nicht unbeteiligt gewesen ist, wird hoffentlich bei einer zukünftigen
allgemeinen Behandlung dieses Themas beachtet werden. Denn Reinboths monu—
mentale „wiederholte Schutzrede“ ist trotz ihres schlechten Stils kein ganz un—
bedeutendes Werk, bietet vielmehr eine überaus gründliche Behandlung der strei—
tigen Zeitfragen und verrät eine staunenswerte Kenntnis der patristischen Literatur.
2. Die erste Kieler Fakultät.
Was Herzog Friedrich an seinem obersten Geistlichen, das mußte sein Sohn
Christian Albrecht an der theologischen Fakultät der von ihm mit soviel Liebe ge—
gründeten Kieler Hochschule er—
leben: auch diese wurde von ausien
her des Synkretismus beschuldigt.
Ehe wir davon erzählen können,
müssen wir uns vergegenwärtigen,
wie die theologische Fakultät in den
ersten Jahren nach der Gründung
der Universität sich zusammensetzte.
Dieerstentheologischen
Professoren Kiels waren
Musaeus, Kortholt und Sperling.
a) Peter Musaeus. Als
jüngerer Bruder des berühmten
Professors zu Jena, Johannes M.,
war er 1020 zu Langenwiesen in
Thüringen geboren, studierte erst
in Jena, dann in Helmstedt unter
Calirt und Hornejus und wurde
1648 von Amalie Elisabeth, Land—
gräfin zu Hessen an die Universität
Rinteln berufen. Zunächst Pro—
fessor der Logik und Metaphysik,
ward er 1053 Dr. theol. und
D. PEITERMUSAEUS