Full text: 1517 - 1721 (2)

Verdächtigung der Kieler Fakultät 
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Schon am 1. Mai 16000 forderte der Herzog, obwohl er überzeugt sei, daß 
mit jenen Gerüchten den Professoren Unrecht geschehe, von Musaeus und seinen 
Kollegen ein publicum Scriptum, durch weiche die ganze theologische Fakultät 
„sich von solcher Beimessung des Syncrétismi gänzlich befreie“ und den der 
ganzen Universität drohenden Schaden abwehre ). 
Diesem Befehl wäre die Fakultät schwerlich so bald nachgekommen, wenn nicht 
ein besonderer Vorfall ihre Schritte beschleunigt hätte. So un— 
bedeutend die Sache an sich ist, so ist doch gerade die Tatsache, daß um ihretwillen 
soviele Aktenbogen gefüllt, Gerichte und fuͤrstliche Kanzleien in Bewegung gesetzt 
wurden, für die Zeit äußerst charakteristisch. 
Der Studiosus Nic. Johs. Elfringer, der sich lange in Kiel auf— 
gehalten hatte, bewarb sich auf Anraten seiner Merwandten um die vakante 
Diakonatstelle zu Otterndorf im Lande Hadeln. Als er dort seine Gast— 
predigt hielt, vernahm er, daß der Archidiakonus des Ortes, Herr Mithobius, 
zu den Provisoren der Kirche gesagt habe: „er werde ihn zu seinem Kollegen nicht 
dimittieren, weil er auf der Kihlischen Universität studirt habe, welche dem Syn- 
cretismo anhängig oder in der Lehre verdächtig sei““. Elfringer stellte den Mit 
hobius zur Rede. Dieser äußerte, Holstein habe allezeit was sonderliches sein 
wollen und ebenso wie Dänemark weder die Conf. Aug. noch die Form. Conc. 
angenommen. „So fuhr er auch nicht weniger auff Seine Magn. Hrn. Pro⸗ 
Canc. Petr. Musaeum mit diesen Worten herauß: Ipsius Petri Musaei 
Nomen est odium plus quam Calvinianum. Wie ich ihm aber hierauff 
zuredete, Er werde solches in ewigkeit nicht behaupten können, bezog er sich auf 
die Scripta Rinteliana, so vom Colloquio Cassellano handelen.“ Als 
Elfringer darauf erwiderte, Rinteln gehe Kiel nichts an, wie denn auch weder 
Musaeus noch die andern Herren von Rinteln her voziert seien, meinte Mitho— 
bius: „Der eine wie der andere, und D. Kortholt ist noch ein junger Mann.“ 
Auch der Bruder des Archidiaconus, der Pastor in Altenbruch, habe ähnlich ge⸗ 
sagt, und selbst in den Schenken sei darüber geredet worden, daß Elfringer ohne 
Frage würde voziert worden sein, wenn er nicht in Kiel studiert hätte, wober die 
reformierten Universitat Marburng die lutherische zu Rinteln und überhaupt einen be— 
deutenden Zuwachs an lutherischen Untertänen bekommen. Getren der Unionspolitik seiner 
Vorfahren suchte er einen religies⸗-theologischen Ausgleich der neuen mit den alien Unterlauen 
und berief zu dem Zwecke je zwei Theologen von jeder Universität zu einem Kolloquium, das 
vom 1. bis 8. Juli loo zu Kafsel stattfand. Von Marburg waren berufen Sab. Cur, 
nius und Johann Heine, von Rinteln der Rektor Peteer Musäus und der Prof. 
prim. Hennischen. Im Gegensatze gegen das Thorner Religionegespräch von 1045, das 
vermöge der Festigkeit der Lutheraner Calov und Hülsemann resultatlos blieb, wurden diese 
Theologen, wie Calos (Hist. Syner., 6. Capitel, von dem Rintelischen Syncretismo. S. 
ooo ff.) tadelnd bemerkt, sich sehr rasch einig. Man unterhielt sich über Abendmabl, Pra— 
destination, Perjon Christi und Taufe. Wenn auch beide Parteien bei den Besonderheiten 
ihrer Lehren blieben, einigte man sich doch dahin, daß, wenn auch in den genannten Ariikeln 
Abweichungen bestünden, durch diese in keiner Weise das Fundament des Glanbens und Heiles 
aufgeboben werde, vielmehr in allen Fundamentalartikeln Einmütigkeit bestehe. Die Colloku 
toren erkannten sich gegenseitig als Glieder der einen wahren Kirche an, versprachen sich brüder 
liche Liebe und vereinbarten, das die Abweichungen nicht auf der Kanzel, sondern nur auf dem 
Katheder, und zwar bescheiden und ohne Verunglimpfung der Gegner behandelt werden sollten. 
Diese Vereinbarung erregte natürlich bei den Wittenbergern grosien Zorn. Diese, aber auch 
die Rintelner wandten sich mit Anschreiben an alle lutherischen deutschen, auch dänischen und 
schwedischen Universitäten, wobei sich ergab, das fast alle gegen die Rintelner Partei nahmen 
— nur Helmstedt und Königsberg stimmten ihnen zu. 
?t) Vgl. hierzu und zum folgenden die Gottorper und Lauenburgischen Akten des K. St.A. 
(A XX, 786 und D. I. J. Nr. 10009).
	        
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